Wie hat sich das IFH im Laufe der Jahre entwickelt?
Kirsten Fehrs: Anfangs war das IFH eher ein theologischer Gesprächskreis. Diese Aufgabe wurde aber zunehmend von der Akademie der Weltreligionen übernommen. So konnte sich das IFH stärker anderen Aufgaben widmen, vor allem der Zusammenarbeit in der Stadtgesellschaft, der zivilgesellschaftlichen Mitwirkung. Immer wieder haben wir uns zu Wort gemeldet, ob zur Flüchtlingsaufnahme, zu Terroranschlägen oder zu den Verträgen zwischen Stadt und Religionsgemeinschaften. Ganz wichtig ist aus meiner Sicht, dass Vertrauen gewachsen ist.
Das IFH ist eines von vielen interreligiösen Projekten und Initiativen in Hamburg. Was hebt es von den anderen ab?
Ja, es ist sehr gut, dass es inzwischen so viele andere Projekte gibt – aus meiner Sicht hat das IFH hier eine jahrelange Vorarbeit geleistet. Die Besonderheit dieses Forums ist, dass sich hier die führenden Vertreterinnen und Vertreter der großen Hamburger Religionsgemeinschaften treffen und regelmäßig austauschen – die evangelische Bischöfin, der Landesrabbiner, die Schura-Vorsitzenden, der katholische Stadtdekan und andere. Das ist wichtig, damit wir beieinander bleiben.
Das IFH setzt sich unter anderem dafür ein, dass die Anliegen der Religionsgemeinschaften im gesellschaftlichen und politischen Diskurs Gehör finden. Welche Diskurse waren in diesem Zusammenhang seit Bestehen des Forums besonders mitsprachewürdig?
Sehr intensiv beschäftigt uns natürlich der „Religionsunterricht für Alle“, der ja bundesweit in dieser Form einmalig ist. Aber wir setzen uns auch für ein geregeltes Miteinander von Stadt und Religionsgemeinschaften ein, wie es etwa in den Staatsverträgen festgehalten ist. Schließlich liegt uns die Förderung der theologischen Wissenschaften am Herzen. So setzen wir uns dafür ein, dass die Akademie der Weltreligionen weitergeführt und auf eine gute Grundlage gestellt wird.
Das IFH spart auch heikle Themen nicht aus – es gibt ja weltweit viele Konflikte mit religiösen Aspekten, denken Sie nur an den Nahostkonflikt. Immer wieder sprechen wir auch über die Gefahren des religiösen Fundamentalismus oder über Antisemitismus. Allerdings achten wir möglichst darauf, uns auf Hamburger Themen zu konzentrieren. Wie können die Religionsgemeinschaften das friedliche Zusammenleben in unserer Stadt mitgestalten? Das ist unsere Leitfrage.
Das IFH fördert interreligiöse Aktivitäten in Hamburg. Hat die Anzahl der Aktivitäten eher zu- oder abgenommen im Laufe der Jahre?
Als IFH haben wir jährlich ein interreligiöses Friedensgebet an prominenten Plätzen in Hamburg veranstaltet. Da sind immer viele Menschen gekommen. Das ging in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie leider nicht. Aber die Gespräche haben in dieser Krisenzeit sogar zugenommen, per Telefon und Videokonferenz. So können wir uns gegenseitig stärken.
Wie oft treffen sich die Vertreterinnen und Vertreter der Religionsgemeinschaften?
Wir treffen uns etwa drei- bis viermal jährlich für einen Abend. Man muss immer wieder betonen, dass das Interreligiöse Forum nur ein sehr schlanker „Gesprächszusammenhang“ ist, wir sind weder ein Verein noch verfügen wir über einen eigenen Apparat. Aber die Mitglieder des Forums treffen sich auch an vielen anderen Orten: in den Gremien des Religionsunterrichts für Alle, in der Akademie der Weltreligionen, bei Veranstaltungen und Empfängen. Derzeit ist das alles etwas eingeschränkt – aber es kommen auch wieder bessere Zeiten, da sind wir uns ganz sicher.