Interview mit Axel Matyba "Fröhlich und selbstbewusst in die Zukunft blicken"

Axel Matyba war vor seinem jetzigen Amt als Propst drei Jahre lang Pastor einer deutschen Gemeinde in Paris.

Pastor Axel Matyba ist seit diesem Sommer neu im Amt als Propst im Kirchenkreis Hamburg-Ost. Er ist verantwortlich für die Propstei Rahlstedt-Ahrensburg mit elf Gemeinden und somit zuständig für 31 Pastorinnen und Pastoren. Zusätzlich obliegt Propst Matyba der Bereich Diakonie und Bildung im Kirchenkreis Hamburg-Ost, in dem etwa 550 Mitarbeitende wirken. Ein Interview über die Antrittszeit unter Corona-Bedingungen, erste Eindrücke aus den Gemeinden und seine Pläne als Propst.

Sie sind als Propst für elf Kirchengemeinden verantwortlich. Was bewegt diese Kirchengemeinden aus Ihrer Sicht am meisten?
Axel Matyba: Natürlich ist die Corona-Zeit eine Herausforderung, der sich Gemeinden stellen müssen. Und sie machen es sehr kreativ, indem sie nach neuen Angeboten sowie nach neuen Formen des Miteinanders und der Begegnung suchen. Aber es sind auch die Strukturfragen zu weniger Geld und Personal und zum Rückgang der Gemeindegliederzahlen, die die Menschen bewegen.

 

Mitgliederrückgang als eine Realität anerkennen

Wie können es Gemeinden schaffen, die Menschen wieder stärker zu erreichen?
Wenn ich sage, dass wir den Mitgliederrückgang bedauern und letztlich auch betrauern müssen, dann ist das nicht resignativ gemeint. Sondern es ist das Anerkennen einer Realität. Die Botschaft des Evangeliums ist und bleibt nichtsdestotrotz hochaktuell. Wenn wir auf dieser Grundlage selbstbewusst, fröhlich und kreativ Gemeindearbeit gestalten sowohl in den Ortsgemeinden als auch in den übergemeindlichen Arbeitsfeldern, dann können wir auch fröhlich und selbstbewusst in die Zukunft blicken.

Sie sind jetzt dabei die Gemeinden kennenzulernen. Was macht die Gemeinden Ihrer Propstei Rahlstedt-Ahrensburg aus?
Im Moment besuche ich Gottesdienste in den Gemeinden. Mich beeindruckt, wie kreativ sie mit der aktuellen Situation und den Corona-Auflagen umgehen, und zum Beispiel knappere Gottesdienstformate ausprobieren oder neue kirchenmusikalische Ideen umsetzen. Mich beeindruckt auch, mit welchem Engagement Menschen sich bemühen, die Gemeinde am Laufen zu halten, Hygienekonzepte zu entwickeln, um Begegnungen und Gruppen weiter durchführen zu können. Der Kontakt zu älteren Gemeindegliedern wird per Brief oder Telefon gehalten. Es gibt Gemeindebriefe, die ganz kreativ zeigen, wie unterschiedliche Personen durch die Generationen hindurch mit diesen letzten Monaten umgegangen sind. Das finde ich enorm.

 

"Unmittelbare Begegnungen fehlen mir"

Inwiefern beeinflusst diese aktuelle Situation Ihre Antrittszeit als Propst? Wie empfinden Sie das?
Manche Anfangsbegegnungen laufen nur über Zoom- oder Telefonkonferenzen. Unmittelbare Begegnungen fehlen mir. Dadurch sind die Antrittszeit und das Kennenlernen leider etwas holpriger, als ich mir das wünschen würde. Ich hoffe, dass es bald wieder anders sein kann. Aber es freut mich auch, dass die Menschen bereit sind, mir digital zu begegnen und dass wir die technischen Voraussetzungen dafür haben.

Sie haben eine pröpstliche Gesamtverantwortung für den Bereich Diakonie und Bildung. Was sind denn Ihre Ideen und Pläne für diesen Bereich?
Ich wünsche mir, eine stärkere Vernetzung der Bereiche und, dass diese wichtige Arbeit noch stärker innerhalb und außerhalb der Kirche sichtbar wird. Wir haben hier ganz tolle Angebote und leisten engagierte Arbeit. Mit diesem Pfund sollten wir kräftig wuchern, auch in die Sozialräume der Stadt hinein und unser Licht nicht unter einen Scheffel stellen.

 

Kirche als Player, der gehört wird

Sie waren Pastor der deutschen evangelischen Gemeinde in Paris. Inwiefern haben diese Eindrücke Ihre Vorstellungen von Gemeindearbeit geprägt und welche Ideen daraus nehmen Sie jetzt mit in die Funktion als Propst?
Insgesamt betrachtet findet sich die Kirche in Frankreich in einer schwierigeren Stellung als die Kirche in Deutschland wieder. Ich bin dankbar dafür, dass das Religionsverfassungsrecht es Kirche und Gemeinden ermöglicht, sich in die Gesellschaft einzubringen. Kirche fungiert hier als Player, auf den gehört wird und der sich engagiert für Menschen am Rande der Gesellschaft und sich einschaltet in gewisse Debatten rund um gesellschaftspolitische oder ethische Fragen, wie die Sterbehilfe zum Beispiel. In Frankreich hat mich aber das große Engagement der evangelischen Gemeinde im Dialog mit den vielen jüdischen und muslimischen Gemeinden beeindruckt.

 

"Weiterhin in das ökumenisch und interreligiöse Gespräch einbringen"

Sie waren beim Zentrum für Mission und Ökumene zuständig für den christlich-islamischen Dialog. Inwiefern wird das Thema Sie nun weiter begleiten?
Wir müssen interkulturelle und interreligiöse Fragen weiter intensiv bedenken. Ich bin fest davon überzeugt, dass Menschen, denen Glauben wichtig ist, gut zusammenarbeiten können. Sie können sich sowohl über den Glauben austauschen als auch etwas für die Zivilgesellschaft tun. Und ich werde mich weiterhin in das ökumenisch und interreligiöse Gespräch einbringen.