Podiumsgespräch Von der Pflicht, sich für den Frieden stark zu machen

„Die Waffenlieferungen sind aus allen Abwägungen heraus vertretbar, aber ich befürworte sie nicht", sagte Kirsten Fehrs im Gespräch mit Politiker Niels Annen und taz-Redakteurin Friederike Gräff.

Kein konfrontativer Abend, sondern ein gemeinsames Nachdenken über Frieden und all seine Faktoren: Bischöfin Kirsten Fehrs und Niels Annen, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, sprachen in der Verheißungskirche mit taz-Redakteurin Friederike Gräff über den Krieg in der Ukraine und das Starkmachen für den Frieden.

Bei dem Thema Waffenlieferung ging es vor allem um ein Dilemma. „Ob man Waffen liefert oder nicht, man bleibt schuldig“, sagte Fehrs. Die Bischöfin erinnerte in diesem Zusammenhang unter anderem an eine Synode, in der lange darüber diskutiert worden sei, wie sich die Kirche zu den Waffenlieferungen positionieren könne und fasste zusammen „Die Waffenlieferungen sind aus allen Abwägungen heraus vertretbar, aber ich befürworte sie nicht.“

Dass sich die Bundesregierung letztendlich doch dazu entschieden hätte, Waffen an die Ukraine zu liefern, und viele Politiker*innen diesbezüglich ihre Haltung geändert haben, begründete Annen damit, dass sich auch die Lage in der Ukraine dramatisch geändert habe. So habe er letztlich auch dem 100-Milliarden-Zuschuss für die Bundeswehr aus vollster Überzeugung zugestimmt.

 

Gewaltlose und zivile Formen der Konfliktlösung hervorheben

Fehrs betonte, dass man sich mit Besonnenheit bewegen müsse. Es sei Christ*innen-Pflicht, sich immer wieder für den Frieden stark zu machen. „Aber reiner Pazifismus ist angesichts des Leidens, das passiert, nicht vertretbar.“ Wichtig sei jedoch als Kirche immer wieder gewaltlose und zivile Formen der Konfliktlösung in den Diskurs einzubringen. Annen stimmte zu: „Ich glaube, wir können den Krieg mit pazifistischen Strukturen nicht beenden, aber das heißt ja nicht Verzicht auf zivile Instrumente.“

 

Einseitige Kriegsrhetorik

Die Bischöfin und Niels Annen monierten beide wiederholt die Einseitigkeit des Diskurses. „Als Kirche haben wir die Aufgabe, Zuversicht und Hoffnung nach vorne zu setzen“, sagte Fehrs. Derzeit sei eine Kriegsrhetorik im Spiel, die es uns abgewöhnen lässt, über Frieden zu reden. Kirche müsse dagegenhalten, trotz allem.

Im Anschluss an das Gespräch kamen aus dem Publikum auch kritische Stimmen. Unter anderem von einem Vertreter der Friedensbewegung und einer Frau, der die Vielstimmigkeit in der Kirche derzeit fehle. Die Bischöfin sagte zu Letzterem, dass diese Vielstimmigkeit sehr wohl vorhanden sei. Um diese Stimmen zu hören, brauche es aber einen Resonanzraum, den es derzeit nicht zu genüge gebe. „Und dies sage ich auch Richtung Politik.“