Wie kann konstruktive, gesunde und wertschätzende Kommunikation gut gelingen – egal, ob im privaten oder beruflichen Leben? Mit dieser Frage beschäftigten sich drei Kommunikationsexpert*innen der Ev.-Luth. Kirche in Hamburg.
Themen, die kontrovers diskutiert werden, gibt es aktuell viele und nicht selten ist von einer „gespaltenen Gesellschaft“ die Rede. Im eigenen Graben gibt es wenig Bewegung, Ziel sollte daher sein, im Dialog zu bleiben – doch wie? Wie schnell und warum Kommunikation scheitern kann, haben wir bereits in einem anderen Artikel beleuchtet. In diesem soll es nun darum gehen, wie sie gelingen kann.
Dr. Christina Peter (Theologin, Pastorin, Kunst- und Psychotherapeutin, Leitung der Erziehungs-, Familien- und Lebensberatung in Pinneberg), Thomas Karrasch (Diplom-Psychologe, Gestalt- und Tanztherapeut und Leiter der Beratungsstelle „Männersache“ in Norderstedt) sowie Krischan Heinemann (Pastor und Pastoralpsychologe, Leiter vom Beratungs- und Seelsorgezentrum der Hauptkirche St. Petri), geben wertvolle Tipps.
Wie Kommunikation gelingen kann
Zunächst sei es wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, wann man überhaupt von „gelungener“ Kommunikation spricht, erklärt Thomas Karrasch. „Gelingt sie, wenn ich mein Gegenüber verstehe und es mich versteht, ohne, dass wir hierbei zwingend auf einen Nenner kommen? Oder meint ‚gelingen‘ eine Gemeinsamkeit zu entwickeln?“ Ersteres sei seine Definition von gelungener Kommunikation. Das Ziel beider Parteien müsse sein, die andere Person zu verstehen. Und eben nicht – wie es oft passiert – selbst verstanden zu werden, so der Therapeut weiter.
Richtig zuhören
„Schwierig ist beim Thema Kommunikation nicht das Sprechen, sondern das Zuhören“, erklärt Pastoralpsychologe Krischan Heinemann. Und greift damit das genannte Problem auf, dass der Mensch dazu neigt, sich tendenziell weniger auf das Gegenüber einzulassen. „In einer Mediation gebe ich allen Beteiligten jeweils zehn Minuten Redezeit und währenddessen hören die anderen Anwesenden einfach nur zu“, erzählt Christina Peter.
„Zuhören, die andere Person ausreden lassen, sich darüber klar sein, dass man zwar Erwartungen an das Gegenüber stellt, diese aber nicht von anderen erfüllt werden müssen – das alles fällt vielen Menschen schwer.“ Das heiße aber nicht, dass man so etwas nicht mit Übung lernen könne, so die Pastorin weiter.
Fragen, fragen, fragen
„Wir kommunizieren nur sehr ausschnittweise“, erklärt Thomas Karrasch. Meint: Menschen sprechen einen Sachaspekt aus, würden dabei aber nicht deutlich machen, welcher Wunsch dahinter liegt, wie ihr eigenes emotionales Erleben ist und welche Rolle sie dem Gegenüber dabei zuordnen. Das bekannteste Beispiel hierfür ist wohl die Aussage: „Es zieht.“ Sie kann auf mehreren Ebenen sehr unterschiedlich vom Gegenüber interpretiert werden – und genau da liegt das Problem.
„Wir gehen schnell davon aus, das Gegenüber verstanden zu haben“, erklärt Pastoralpsychologe Krischan Heinemann. Doch anstatt die eigene Wahrnehmung und Interpretation für einen unumstößlichen Fakt zu halten, sei es sinnvoller, die beides zu reflektieren und das Gegenüber nach den Absichten zu fragen. „Das dann am besten mit offenen und nicht geschlossenen Fragen“, ergänzt Karrasch.
Streit und Wut sind in Ordnung
Wer an gelungene Kommunikation denkt, mag womöglich ein harmonisches Miteinander vor Augen haben. Doch: Streit, Wut und Zank gehören dazu – insbesondere mit Menschen, die uns nahestehen. „Eine gute Beziehung misst sich für viele Menschen in einer Konfliktfreiheit“, erklärt Karrasch. „Dabei entsteht sie erst durch das angemessene Handhaben von Konflikten“.
„Viele von uns sind so erzogen, dass sie sich nur in bestimmten Grenzen bewegen und nach dem Weltbild, dass wir uns alle lieb hätten. Aber das haben wir nicht“, sagt Christina Peter. „Aggression und Wut dienen eben auch dem Überleben, sie gehören zu unseren Urinstinkten und wir brauchen sie. Es ist wichtig, ehrlich zu sich zu sein und sich diese Gefühle einzugestehen.“
Das meine nicht, dass man das Gegenüber anschreien, mit Dingen um sich werfen oder gar handgreiflich werden dürfe. Aber: „Wut hat etwas Zerstörerisches, kann aber auch etwas sehr Kreatives an sich haben und einen Energieschub geben. Streit reinigt die Luft, richtig ausgelebt.“ Denn ist die Wut erst einmal herausgelassen, sei es oft still und man könne besser in sich horchen, was wirklich der Kern des Ganzen ist. „Wut ist immer eine Sekundäremotion, dem andere Gefühle vorhergehen, wie Angst, Verletzung, Scham oder Ohnmacht“, erklärt Karrasch.