Warum Kommunikation oft scheitert Misslungenes Gespräch: „Schwierig ist nicht das Sprechen, sondern das Zuhören“


Unsere Gesellschaft ist gespalten. So zumindest scheint der mediale Konsens. Pandemie, geflüchtete Menschen, Gender, Kriege – bei vielen aktuellen Themen, die die Gesellschaft umtreiben, gibt es Positionen, die unvereinbar scheinen. Wie kann da noch gesunde, konstruktive Kommunikation gelingen?

Unsere Gesellschaft ist gespalten. So zumindest scheint der mediale Konsens. Pandemie, geflüchtete Menschen, Gender, Kriege – bei vielen aktuellen Themen, die die Gesellschaft umtreiben, gibt es Positionen, die unvereinbar scheinen. Wie kann da noch gesunde, konstruktive Kommunikation gelingen?

Wir sprachen mit drei Ev.-Luth. Kommunikationsexpert*innen darüber. Sie erklären, warum Kommunikation im Alltag – ob mit der Familie, den Partner*innen, Freund*innen oder Kolleg*innen – scheitert und wie sie gelingen kann: 

Alle drei haben verschiedene Schwerpunkte und in ihrer alltäglichen Arbeit mit unterschiedlichsten Menschen zu tun. Im Gespräch zeigt sich dennoch, dass die Hürden und Fallstricke unseres kommunikativen Miteinanders so unterschiedlich nicht sind. 

Warum Kommunikation leicht misslingen kann 

„Wir können nicht nicht kommunizieren“, sagte einst der Kommunikationswissenschaftler und Psychotherapeut Paul Watzlawick. Das meint, dass wir nicht rein mit Worten kommunizieren: Unser gesamter Körper – unsere Mimik und Gestik – spricht mit. Schwierig sei nicht das Sprechen, sondern das Zuhören, erklärt Pastoralpsychologe Krischan Heinemann. 

„Allein die Tonlage und wie man darauf reagiert ist immens individuell. Jeder Mensch bringt ganz viel mit: beispielsweise an körperlicher Gestik, Emotionen und Hintergründen. Damit geht er dann in den Austausch mit einem anderen Menschen, der all das auch mit sich trägt.“ Es sei überaus spannend, dass man überhaupt miteinander sprechen könne, so der Pastor weiter, „weil wir davon ausgehen, den anderen zu verstehen“. Ein erster Fallstrick. 

Wir halten Interpretation für Wahrheit 

Der Kern gelungener Kommunikation ist laut dem Therapeuten Thomas Karrasch genau das: Dass ein Mensch in die Kommunikation geht mit dem Ziel, das Gegenüber zu verstehen. Er beobachte jedoch das Gegenteil: Der Wunsch von vielen sei es vielmehr, selbst verstanden zu werden. „Dann konkurrieren beide Seiten darum, wer nun verstanden wird.“ Hinzu komme der „unvermeidliche Prozess“ der Interpretation, also das bereits angesprochene Problem, dass Menschen davon ausgehen, ihr Gegenüber in ihren Aussagen und Absichten zu verstehen. 

Die Frage nach der Schuld 

Als Leiterin der Familienberatung erlebt Christina Peter oftmals bei Menschen die Angst, für etwas die Schuld zu erhalten. „Wir neigen dazu auf die Beziehungsebene zu gehen, wenn wir eigentlich auf der Sachebene sein sollten“, erklärt sie. Statt beispielsweise bei einem Missgeschick Fehlermanagement zu betreiben und zu schauen, wie wir es beim nächsten Mal anders machen, schauen viele instinktiv auf den Menschen, der den Fehler begangen hat. „Damit sind wir aber nicht auf der Sachebene und das Problem selbst haben wir so auch nicht gelöst.“ 

Eine Konzentration auf vermeintliche Fehler lässt den Blick obendrein auf Vergangenem haften. Dann kommen schnell Vorwürfe, alte Konflikte werden immer wieder neu aufgerollt, ohne ihrer Auflösung dabei näherzukommen. „Ich muss aber in der Lage sein, Kommunikation immer wieder von vorne zu beginnen. Also: Heute reden wir über dieses Problem und nur über dieses. Und vielleicht müssen wir dann morgen gar nicht mehr über das Problem der Vergangenheit sprechen.“ 

Es ist nicht unsere Aufgabe, andere zu „retten“ 

Im Beratungs- und Seelsorgezentrum der Hauptkirche St. Petri machen die Mitarbeitenden von Krischan Heinemann vor allem eins: Sie hören zu. Und das sei letztlich auch die größte Schwierigkeit bei vielen Gesprächen: ein stückweit zu sehen, wer die andere Person ist und sich der Frage zu stellen, ob man sie wirklich wahrnehmen und verstehen kann. „Hierzu gehört aber auch zu akzeptieren, dass das Gegenüber in einer Situation nicht weiterweiß und ob man selbst nun weiß, was zu tun ist, oder auch nicht: Das spielt in diesem Moment keine Rolle.“ 

Doch genau das sei besonders herausfordernd, denn „wir meinen ja oft zu wissen, die Lösung für jedes Problem der anderen zu haben. Wir wollen ja auch unbedingt helfen“. Vielleicht helfen wir dem Gegenüber jedoch schon damit, dass wir ihm zuhören – wirklich zuhören. Womöglich hilft das dem Gegenüber bei dem Finden einer Lösung. „Aber bitte nicht meiner persönlichen Lösung.“ Letztlich seien wir alle von Gott geliebte Kinder, die schon alles in sich tragen – „also trauen wir dem anderen das auch zu“.