Interview zu klimabewusster Ernährung Gestatten! Flexiganer!


In vier Teilen stellt kirche-hamburg.de das Thema vegane Ernährung und deren Bedeutung für den Klimaschutz vor. Interviewpartner ist Thomas Schönberger, Bildungsreferent am UmweltHaus. Er engagiert sich seit über 40 Jahren für den Umweltschutz. Im ersten Teil spricht er über seine persönliche Motivation, weitgehend auf tierische Produkte zu verzichten.

Sie bezeichnen sich selbst als Flexiganer. Wie sieht Ihr Lebensmittelkonsum konkret aus? Was essen Sie, was nicht?
Thomas Schönberger: Flexiganer zu sein bedeutet, dass meine Frau und ich versuchen, so wenig tierische Produkte zu essen wie möglich. Hafermilch, pflanzlicher Joghurt, vegane Käsealternativen, vegane Butter ... Aber wir essen auch mal Bio-Käse oder selten etwas Sahne zum Kuchen, ohne Ei. Wir wollen da nicht zu absolut rangehen, sind aber auf einem ernsthaften Weg, den Konsum an tierischen Lebensmitteln sehr stark zu reduzieren. 

Gab es für die Entscheidung, Ihren Konsum umzustellen, einen konkreten Auslöser?
Damals bestellte ich auf einem Kongress für vegetarische Ernährung einen Cappuccino mit Milch. Dort fragte mich eine Bekannte, wie es denn zu meiner ethischen Haltung passe, dass ich Milch konsumiere. Das brachte mich ins Nachdenken und letztendlich dazu, meine Ernährung umzustellen. Der Hauptimpuls dahinter ist für mich aber kein ökologischer, sondern der Gedanke, möglichst wenig tierische Produkte und damit in der Regel Leid von Tieren für das Eigenwohl in Anspruch zu nehmen.

 

Vollwertige Ernährung bei Verzicht auf tierische Produkte

Unter Nicht-Veganer*innen ist die Sicht verbreitet, dass bei einer rein pflanzlichen Ernährung Nährstoffmängel zu erwarten sind. Wie sieht es damit aus?
Man kann vegan, vegetarisch oder konventionell ungesund leben. Wer tierische Produkte weglässt, kann sich jedoch vollwertig ernähren. So zeigen auch Studien, dass Schwangere oder Kinder gesund vegan leben können, wenn man auf wenige Dinge achtet. Aber es gibt kleine Schwachstellen. Ein möglicher Mangel an Vitamin B12 ist auf jeden Fall zu beachten und ein möglicher Mangel an Vitamin D. Empfehlenswert ist da eine regelmäßige, etwa jährliche, Nährstoff-Analyse beim Arzt.

Sie sind Vorstandmitglied von „ProVeg“, auf dessen Internetseite steht: „Eine pflanzliche Ernährung rettet viele Tiere vor einem Leben voller Leid, minimiert den persönlichen ökologischen Fußabdruck und kann zu einer Reduzierung des Welthungers beitragen.“ Können Sie die einzelnen Zusammenhänge bitte einmal möglichst kurz und knapp erklären?
Im Grundsatz ist es so: Umso weniger tierische Produkte in Anspruch genommen werden, desto weniger Tiere werden getötet, eingesperrt oder zu unwürdigen Bedingungen gehalten. Den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren, ist über die Ernährung sehr stark möglich. Es gibt zahlreiche Studien, die zeigen, dass über eine vegetarische und vegane Ernährung deutlich weniger Klimagase ausgestoßen werden. Beim Thema Welthunger geht es um Ressourcen und die Frage „Ist genug für alle Menschen da?“ Die tierische Ernährung erhöht den Druck auf Fläche und Wasser, weil der Aufwand, um tierische Produkte zu erzeugen – und hier besonders Rinderhaltung – deutlich höher liegt als bei pflanzlichen Produkten.

------

Zur Person: Thomas Schönberger ist am UmweltHaus am Schüberg Bildungsreferent für „Wirtschaft neu denken“, Agro-Biodiversität, Klimaschutz und Zukunftsfähige Mobilität. Er engagiert sich seit über 40 Jahren für den Umweltschutz und lebt weitgehend vegan. Außerdem ist er Vorstandsmitglied der Organisation „ProVeg“. Diese NGO (Non Governmental Organisation / Nicht-Regierungs-Organisation) setzt sich für einen zukunftsfähigen Ernährungsstil und eine landwirtschaftliche Kultur ein, die vegetarisch bzw. vegan, ökologisch, ethisch und sozial verantwortlich sowie ökonomisch tragfähig sind.