Dankbarkeit für das Leben Traditionen zu Erntedank


Rund 200 Schülerinnen und Schüler drängen sich auf den Holzbänken der Hauptkirche St. Nikolai. Es ist rummelig und laut, bis das Klavier einsetzt. Schlagartig sind die Kinder ruhig und lauschen. Es ist der Auftakt des ersten Erntedankgottesdienstes in St. Nikolai. Pastorin Maren Schack hat ihre Ansprache extra auf die Jungen und Mädchen zugeschnitten.

„Der Mensch lebt nicht von Nutellabrot und Kakaomilch allein“, sagt sie im Gottesdienst. „Es ist ganz wichtig, dass wir schöne Erinnerung mit uns tragen, die wir im Kopfkino speichern. Und wenn man sie braucht, dann sind sie da. Für solche Erinnerungen sind wir dankbar.“

Dankbarkeit als Begriff steht im Mittelpunkt des Gottesdienstes für die Kinder der St. Nikolai Grundschule. Die Vorschulkinder haben Obst und Gemüse mitgebracht und schmücken den Altar. Kinder der zweiten Klasse lesen Fürbitten vor. „Lieber Gott, vielen Dank, dass du die Bäume erschaffen hast. Amen.“

„Manchmal gibt es harte Nüsse im Leben“, erzählt die Pastorin den Kindern und nimmt eine Nuss vom geschmückten Altar. „Zum Beispiel schwere Aufgaben in der Schule, die man knacken muss. Und man ist froh, wenn man das geschafft hat. Auch dafür sind wir dann dankbar.“

 

Frühstück mit der Pastorin

In der Kirchengemeinde Blankenese findet der besondere Kindergottesdienst am Sonntag steht. Pastorin Christiane Melchiors versammelt die Kleinen um einen Tisch in der Kirche, den man gemeinsam mit den Eltern deckt und schmückt. Dann wird zusammen das Brot gebrochen. „Es ist ein schönes Ritual und immer sehr gemütlich. Normalerweise gibt es im Kindergottesdienst kein Abendmahl, nur bei Erntedank“, erklärt die Pastorin. Beim Gottesdienst der Erwachsenen wird in die Kirche am Markt eine Trachtengruppe eingeladen und am Ausgang gibt es Brötchen als Geschenk für jeden Besucher. 

Mit der Region verbunden

Das traditionelle Erntebrot spielt auch in der Kirchengemeinde Haselau eine zentrale Rolle. Hier wird es direkt für das Abendmahl im Gottesdienst genutzt. Am Vortag schmückt die Hohenhorster Landjugend die Kirche. Nur die Erntekrone kommt später. Sie wird zu Beginn des Gottesdienstes von der Landjugend in die Kirche getragen. Traditionell bleibt sie in der Kirche bis zum 1. Advent. „Unsere Kirche ist geschmückt mit lauter Dingen, die aus unserer Region kommen. Gemüse und Obst aus Gärten und Feldern, ein großes Erntedankbrot von unserem Bäcker – nur die Trauben für den Abendmahlssaft stammen nicht aus unserer Marsch“, sagt Pastor Andreas Petersen. 

Bäcker und Bürgermeisterinnen

Im Hamburger Michel wird zum Erntedankgottesdienst am 6. Oktober politische Prominenz erwartet. Katharina Fegebank, Zweite Bürgermeisterin und Senatorin für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung, spricht ein Grußwort. Das Motto im Michel ist dieses Jahr „Das Wunder der Nächstenliebe“. Einen großen Anteil am Gottesdienst hat die Hamburger Bäckerinnung, die die Kirche festlich schmückt. Der „Bäckerchor“ wird mit Manuel Gera an der Orgel die Evangelische Messe musikalisch gestalten. Der „Bäckerchor“ setzt sich zusammen aus der Liedertafel Harmonie Finkenwärder von 1865 e. V. und der Liedertafel „Estetal“ Hollenstedt von 1855 e. V.

Erntedank historisch

Gott für die Ernte zu danken, war zu allen Zeiten ein wichtiges religiöses Grundanliegen. Schon in den Geboten für das Volk Gottes, wie sie im Alten Testament der Bibel überliefert sind, heißt es: „…du sollst halten das Fest der Ernte…“ (2. Buch Mose 23,16). Auch in der griechisch-römischen Antike gab es Erntefeste. In der christlichen Kirche werden sie seit dem 3. Jahrhundert gefeiert. Allerdings gab es wegen der verschiedenen Erntezeiten in unterschiedlichen Klimaregionen lange Zeit keinen einheitlichen Termin für das Fest. Seit dem 16. Jahrhundert wurde Erntedank in den evangelischen Gemeinden am Michaelistag, dem 29. September, oder an einem der benachbarten Sonntage begangen. 1773 wurde in Preußen das Erntedankfest offiziell eingeführt und auf den Sonntag nach Michaelis festgelegt. Regional kann es Abweichungen von diesem Termin geben.