Hamburger Jazzgottesdienst „Menschen bedankten sich mit Tränen in den Augen für den ‚schönsten Gottesdienst ihres Lebens‘“


„Everything must Change“: Nach 20 Jahren und 143 Gottesdiensten findet am Sonntag, 20. Oktober um 18 Uhr zum letzten Mal der Hamburger Jazzgottesdienst in der St. Thomaskirche in Rothenburgsort statt. 

Von Bergedorf bis HafenCity, von Neu-Wulmstorf bis Poppenbüttel – es gibt wohl nur wenige Orte in Hamburg und Umgebung, an denen die Band „Jazz `n Heaven“ rund um Eva Beiderbeck (Gesang), Thomas Brandes (Keyboard, Gitarre), Hans-Jürgen Buhl (Saxophon) und Michael Kempkes (Schlagzeug) nicht gespielt haben. 

Kleine Erwartungen und große Überraschungen 

Angefangen hat alles im Juni 2004, in der St. Johanniskirche in Hamburg-Harburg, mit niedrigen Erwartungen – und einer großen Überraschung. „Wir wollten einfach mal einen Gottesdienst feiern, in dem all das vorkommt, wofür unser Herz schlägt“, schreibt Pastor Thomas Brandes auf der Webseite vom Hamburger Jazzgottesdienst. „Wir“, das waren damals drei Pastoren und Hobbymusiker, eine Sängerin, die hauptberuflich als Lehrerin tätig war, und ein Bassist. 

Vorrangig sei es der Band nicht darum gegangen, Menschen in die Kirche zu locken oder ein neues liturgisches Konzept auszuprobieren – und kein Bandmitglied rechnete mit einem Ansturm an Jazzfans an einem Sonntag in der Kirche. Und dann erwartete sie bei ihrem ersten Gottesdienst mit dem Thema „Come Sunday – Vom Rhythmus des Lebens“ dann doch eine volle Kirche „und noch in derselben Woche Anfragen anderer Kirchengemeinden, ob wir sie mit unserem Gottesdienst besuchen wollen“. 

„20 Jahre sind genug“ 

In zwei Jahrzehnten sammelten sich viele besondere Momente, auf die die Band gerne zurückblickt. Nicht nur für die Musiker*innen waren die Begegnungen etwas ganz Besonderes, erinnert sich Hans-Jürgen Buhl im Interview: „Da bedankten sich manchmal Menschen mit Tränen in den Augen für den ‚schönsten Gottesdienst ihres Lebens‘. Daneben war ein besonderes Highlight wohl der Jazzgottesdienst beim Kirchentag in Hamburg 2013.“ Das Thema war „What Am I Here For – Vom Leben auf gut Glück“, und alles habe damals gepasst, blickt der Saxophonist zurück: Stimmung, Sound und natürlich das Publikum. 

Es heißt, man solle aufhören, wenn es am schönsten ist – doch ob das Projekt Hamburger Jazzgottesdienst aan seinem Höhepunkt sein Ende findet, kann Pastor und Musiker Thomas Brandes nicht behaupten. So hätte die Coronazeit noch bis heute Auswirkungen auf die Gemeinden und Gottesdienstarbeit, eine langfristige Planung sei für die Band aktuell nicht möglich. Und die Jahre gingen auch an ihnen nicht spurlos vorbei: „Der größte Teil des Teams ist inzwischen im ‚Ruhestand‘, das heißt neues Einteilen der Kräfte, neue Prioritäten, manchmal auch sehr veränderte persönliche Lebensumstände.“

Man müsse sich neu sortieren, und als nun die Zeit war, einen neuen Gottesdienst zu planen, fiel die Entscheidung nicht leicht, doch sie lautete letztlich: „20 Jahre sind genug.“ 

Jazzkirche bleibt 

Am Sonntag, den 20. Oktober, dürfen sich Besucher*innen noch ein letztes Mal auf eine besondere Veranstaltung freuen, verspricht der Pastor: Es gibt unter anderem jazzige Arrangements zu bekannten Chorälen, die Bearbeitung von Psalmen, die mit Gemeindeliedern verbunden werden, und es wird ein Best-of der schönsten Stücke geben. 

Übrigens: Ganz verzichten müssen Musikbegeisterte auch nach dem Ende vom Hamburger Jazzgottesdienst nicht: Die „Jazzkirche“ an der Kirchengemeinde Rothenburgsort wird auch weiterhin bleiben. Die Termine finden Interessierte hier