Kirche bezieht klar Haltung für die Demokratie und für Vielfalt. (Das Foto entstand am 20. Februar 2025 bei der Landessynode der Nordkirche)
Besonders der erhebliche Stimmenzuwachs für die AfD besorgt Menschen in der Evangelischen Kirche und wirft Fragen auf: Wie kann der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt und demokratische Werte geschützt werden?
Herausforderung für die Demokratie
Kirsten Fehrs, Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland und Hamburger Bischöfin, betont: „Die hohe Wahlbeteiligung zeigt: Viele Menschen wissen, wie wichtig es gerade in diesen unsicheren Zeiten ist, sich politisch zu beteiligen." Zugleich sie sie sehr besorgt darüber, dass extremistische Positionen größere Zustimmung gefunden haben. Fehrs mahnt, dass völkische Parolen und menschenverachtende Haltungen mit dem christlichen Glauben nicht vereinbar seien.
Die Parteien der demokratischen Mitte stünden nun vor der Aufgabe, „mit diesem Wahlergebnis konstruktiv und verantwortungsvoll umzugehen“.
Demokratische Kräfte müssen zusammenstehen
Auch auf regionaler Ebene findet diese Sorge Widerhall.
Propst Thomas Drope aus dem Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein äußert deutlich: „Die Steigerung der AfD ist ein grauenhafter Rechtsruck in Deutschland.“
Nun sei es an den demokratischen Kräften. Sie „müssen eng zusammenstehen und Versuche der rechtsextremen Zerstörung des demokratischen Rechtsstaates abwehren.“
Anja Botta, Pröpstin im selben Kirchenkreis, ergänzt: „Wir als Kirche werden weiterhin einstehen für die Demokratie, sowie für Toleranz, Vielfalt, Offenheit und Menschenwürde.“
Klimaschutz, Migration und Frieden – Aufgaben für die Zukunft
Neben der Verteidigung demokratischer Prinzipien rücken weitere zentrale Themen in den Fokus: Klimaschutz, Migration und Frieden.
Anne Harms, Leiterin von „fluchtpunkt“, einer kirchlichen Beratungsstelle für Geflüchtete, findet klare Worte: „Wir erwarten eine Entrechtung von geflüchteten und armen Menschen. Der Rechtsstaat muss sich nun beweisen und wir müssen ihn unterstützen."
Starke Klimaschutzmaßnahmen auf den Weg bringen
Dag Feinler, Klimaschutzmanager im Kirchenkreis Hamburg-Ost, mahnt: „Es ist gut, dass die Menschen mehrheitlich demokratisch gewählt haben. Der Bundestag muss diese Mehrheit jetzt für starke Klimaschutzmaßnahmen einsetzen.“
Auch Karin Müller, Leitung des Bereichs Kindertagesstätten im Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein, sieht dringenden Handlungsbedarf: „Jetzt kommt es darauf an, dass Themen wie die Klimaziele, Menschenrechte in der Migrationspolitik und soziale Gerechtigkeit in der demokratischen Opposition und durch Kirche eine starke Stimme bekommen.“
Besonders beunruhigend sei für sie der Mangel an friedenspolitischen Themen: „Mich beunruhigt, dass sowohl im Wahlkampf als auch direkt nach der Wahl das Wort Frieden nicht mehr vorkommt, sondern es in erster Linie um die Erhöhung der Rüstungsausgaben geht.“
Solidarität und Zusammenhalt
Die Wahl hat auch deutlich gemacht: Die Spaltung der Gesellschaft lässt sich nur überwinden, wenn soziale Fragen gelöst und der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt werden.
Landespastorin Annika Woydack von der Diakonie Hamburg betont: „Verbale Abrüstung und die Lösung sozialer Probleme sind aus unserer Sicht das Gebot der Stunde gegen die Spaltung der Gesellschaft.“
Hauptpastor und Propst im Kirchenkries Hamburg-Ost Martin Vetter ergänzt: „Wir brauchen soziale Gerechtigkeit und die Solidarität aller. Offenheit und Menschlichkeit stehen Deutschland gut zu Gesicht.“
Für eine neue Debattenkultur
Dass es nach dem Wahlkampf nicht nur um politische Mehrheiten, sondern auch um die Art des gesellschaftlichen Diskurses gehen muss, betont Frie Bräsen, Propst im Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein. Er fordert eine offene Diskussion darüber, wer im Rahmen der demokratischen Werte Politik betreibt und wer nicht. Nur so könnten Mehrheiten für grundlegende Veränderungen gefunden werden. Bräsen: „Nach diesem inhaltsarmen und hetzerischen Wahlkampf braucht es dringend eine gute Debattenkultur um die Inhalte, die unsere Gesellschaft zusammenhält und nicht spaltet.“