Drei von acht Kirchen der Region liegen quasi am Wegesrand: die beiden St. Nikolai-Kirchen in Billwerder und Moorfleet und die Dreieinigkeitskirche in Allermöhe-Reitbrook. Ich starte von der S-Bahn Mittlerer Landweg, Frau Fischer-Waubke, 55, ist ab Moorflet dabei.
Der Billwerder Billdeich schlängelt sich an der Boberger Niederung entlang. Kastanien und Erlen säumen die beschauliche Straße. Im Garten eines Hauses weidet ein Pony. Sommerfrische! Auch schon vor Jahrhunderten für die großen Hamburger Familien, die hier ihre Villen hatten – und den Kirchbau vorantrieben.
Ein kleines Schild weist den Weg zum St. Nikolai-Kirche Billwerder. Ich biege links ab und folge dem Sträßchen. Eingebettet in den Friedhof liegt die Backsteinkirche da. Normalerweise ist sie wochentags nicht geöffnet, aber ich habe Glück: Friedhofsgärtner Thomas Graumann, 47, schließt mir auf.
Der erste Eindruck ist erhebend – ich fühle mich ein bisschen wie im Himmel: blau sind Bänke, das Tonnengewölbe über mir – und mit goldenen Sternen verziert. In ihrer jetzigen Form stammt die Kirche von 1913. Nach einem verheerenden Brand baute der Hamburger Baumeister Fernando Lorenzen sie wieder im alten Stil auf, an der Stelle, wo 1251 erstmals eine Holzkirche urkundlich erwähnt wurde. Eine neobarocke Schönheit. Thomas Graumann sagt, wenn man ihn vorher anruft, öffnet er die Tür auch wochentags.
Weiter geht es auf dem Billdeich, stadteinwärts Richtung Billbrook. Das Dorf wird zum Gewerbegebiet. Drei Flüsse durchziehen diese Region: Die Gose- und Dove-Elbe als Seitenarme des großen Stroms. Und die Bille. Ich fahre vorbei Hafen, in dem kleine Motorboote liegen. Und auch der Angelverein hat hier seine Unterkunft.
"Die Region verändert sich"
Der Untere Landweg ist eine Rennstrecke für Laster. Gut, dass Elisabeth Fischer-Waubke Schleichwege kennt. Als Regionalpastorin lädt sie regelmäßig zu geführten Pilgertouren ein – um den Reichtum der Kirchen in der gesamten Region sichtbar und erfahrbar werden zu lassen.
Und sie unterstützt Pastorinnen und Pastoren bei Amtshandlungen, bei Beerdigungen und Trauungen. Denn die wenigsten sind nur für eine Kirche zuständig – der demografische Wandel ist zu spüren. „Die Region verändert sich“, sagt sie.
Wir fahren rund eineinhalb Kilometer in Richtung Südwesten. In der Moorfleeter Kirche bewundere ich den Beichtstuhl von 1769. Zu beichten war mehr als 250 Jahre nach der Reformation auch noch in einer evangelischen Kirche üblich, erklärt mir Fischer-Waubke. Die Tür zur Sakristei ist noch verbarrikadiert. Im Mai waren hier bei einem Einbruch Kelche und ein silberner Altarleuchter gestohlen worden.
Reinhüpfen
Wir setzen unseren Rundweg fort Richtung Allermöhe: rollen über den Moorfleeter Deich und über sandige Wege durch den Wasserpark Dove-Elbe, entlang des Eichbaumsees. Das nächste Mal nehme ich Badesachen mit, das Wasser lockt.
Vorbei geht’s am historischen Hufnerhaus Richtung Allermöhe. Salat und Mangold wachsen vor dem Deich. Doch vom Gemüseanbau leben hier nur noch wenige Familien. „Gegen die Konkurrenz durch günstige Importe ist schwer anzukommen“, sagt Fischer-Waubke.
Manche aus der Region, die ihren Hof nicht mehr landwirtschaftlich nutzen, haben kreative Ideen entwickelt: Sie bieten Gocart-Touren an oder Eselwandern. Die Traditionen werden trotzdem gepflegt – bei Feuerwehrfesten und dem größten Ernteumzug in Kirchwerder, der mit Gottes Segen in der Kirche beginnt.
Das älteste Bauwerk der Marschlande
Noch ein Stück auf dem Deich, dann zeigt sich der dunkle hölzerne Glockenturm der Dreieinigkeitskirche. Der stammt teilweise von 1580 stammt und gilt als das älteste Bauwerk der Marschlande. Die Fachwerkkirche mit dem markanten Gesims hat ihre Gestalt seit Anfang des 17. Jahrhunderts. Von der ursprünglichen Ausstattung ist nur noch der imposante, üppig ausgeschmückte Altar von Hein Baxmann erhalten.
Vielfalt auf diesem Fleckchen Erde
Ich atme noch einmal durch, bevor ich den Rückweg antrete. Lasse Revue passieren, was ich gesehen habe. Diese Region ist vielfältiger als ich erwartet hatte, jede Kirche steht für sich, doch alle erzählen von der Liebe der Menschen zu ihrem Fleckchen Erde. Frau Fischer-Waubke muss zu ihrem nächsten Termin. Am 3. September bietet sie eine Pilgerwanderung durch die Marschlande an – es lohnt sich.
Radtouren in der Region
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