"War Requiem" in der Laeiszhalle "Wir dürfen nicht aufhören, auf Schrecken und Leid hinzuweisen, dass Krieg mit sich bringt"


Am 23. Februar – dem Vorabend des dritten Jahrestags vom russischen Angriffskrieg auf die Ukraine – bringen 250 Mitwirkende der Evangelischen Kirche in Hamburg das „War Requiem“ von Benjamin Britten in die Laeiszhalle. Es ist ein Appell an den Frieden.

1962 wurde das War Requiem zum ersten Mal aufgeführt: In der wieder aufgebauten Kathedrale von Coventry erinnerte die Komposition an die Kriegstoten des Zweiten Weltkriegs und unterstrich den Wunsch nach Frieden. Der Komponist Benjamin Britten, selbst überzeugter Pazifist, kombinierte in dem Werk den traditionellen lateinischen Text der Totenmesse mit neun Gedichten des englischen Dichters Wilfred Owen, der kurz vor Ende des Ersten Weltkriegs gefallen war. 

Kreiskantor Finnegan Schulz hat mit seinen Kollegen diese wichtige Veranstaltung für den kommenden Sonntag geplant. Wir sprachen mit dem Kirchenmusiker der Gemeinde Niendorf über die große Bedeutung und die Warnung, die das War Requiem auch heute noch aufzeigt. Christian 

Schierwagen: Herr Schulz, warum ist diese Veranstaltung auch mit Blick auf die gesellschaftliche Situation jenseits des Ukraine-Kriegs so wichtig? 

Finnegan Schulz: Die Kirche hat sich über viele Jahrzehnte hinweg stark gemacht für eine pazifistische Position – eine Haltung, die meinem Empfinden nach bei vielen Friedensbewegten seit dem brutalen Überfall Russlands auf die Ukraine erschüttert worden ist. Das Werk von Britten ist vor allem deswegen eine so bewegende Mahnung an Frieden, weil sie die Antikriegs-Lyrik von Dichter Wilfred Owen so meisterhaft vertont und mit dem Text der christlichen Totenmesse – also „Requiem“ – verwebt. 

Ich denke, dass es gerade vor dem Hintergrund der aktuellen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen enorm wichtig ist, dass Kirche eine starke Stimme für die Friedensbewegung bleibt. 

Schierwagen: Das Werk verlangt von den Mitwirkenden sowohl stimmlich wie auch emotional einiges ab. Welche Herausforderungen bringt die Aufführung mit sich? 

Schulz: Für den Chor ist es eine Herausforderung, sich den Notentext ordentlich „draufzuschaffen“, denn die Tonsprache Brittens ist zwar überwiegend harmonisch, es gibt aber einige Passagen, die es wirklich in sich haben. Das Konzert selbst ist sicherlich auch eine Herausforderung, schließlich müssen die Musizierenden 90 Minuten lang die Spannung halten – sowohl stimmlich als auch emotional. 

Für uns drei Kreiskantoren und den Dirigenten Frank Löhr ist das ganze Projekt darüber hinaus auch eine logistische Herausforderung bei 250 Mitwirkenden. Da passt es gleich zweifach, dass die Veranstaltung in der Laeiszhalle stattfindet: Zum einen haben so Zuhörende wie auch Mitwirkende genug Platz und wir wollen als Kirche „nach draußen gehen“: Nämlich in einen zentralen und bedeutenden Kulturort der Stadt Hamburg, um so die Sichtbarkeit von Kirche in diesem Bereich zu erhöhen. 

Schierwagen: Wie Sie schon sagten: Die Kirche sollte eine starke Stimme für den Frieden bleiben. Wie empfinden Sie persönlich die Verantwortung, diese Botschaft mit Musik zu transportieren? 

Schulz: „Alles, was ein Dichter heute tun kann, ist: warnen“ – das schrieb Wilfred Owen vor über 100 Jahren. Die aktuelle Lage zeigt, dass das immer noch als Aufforderung an alle Künstler*innen und Kulturschaffende verstanden werden kann. Wir dürfen niemals aufhören, auf die Schrecken und das unendliche Leid hinzuweisen, dass der Krieg mit sich bringt – oder uns gar daran gewöhnen. 

Schierwagen: Warum sollte man sich diese Aufführung nicht entgehen lassen? Was macht diesen Abend einzigartig? 

Schulz: Das War Requiem wird deutlich seltener aufgeführt als z.B. die Requiem-Vertonungen von Verdi, Mozart, Fauré etc., allein deswegen sollte man die Gelegenheit nutzen – zumal zu so günstigen Preisen in der Laeiszhalle. Das musikalische Niveau ist sehr hoch, seit Anfang des Jahres proben die Sängerinnen und Sänger, die allesamt von namenhaften Kammerchören kommen oder hauptamtliche Kirchenmusiker sind. Der Mädchenchor Hamburg ist Preisträger mehrerer Chorwettbewerbe und die Hamburger Camerata ist aus dem Musikleben der Stadt Hamburg nicht mehr wegzudenken. 

Nicht zuletzt ist es ein besonderes Datum: Es ist nicht nur der Abend der Bundestagswahl, sondern auch der Vorabend des Jahrestags des russischen Überfalls auf die Ukraine am 24. Februar 2022. Ich kann mir vorstellen, dass vor diesem Hintergrund das Konzert noch einmal anders wirkt und auch zum Nachdenken anregt. 

War Requiem in der Laeiszhalle 

  • Wann? 23. Februar 2025, 20 Uhr
  • Wo? Laeiszhalle Hamburg
  • Tickets: 12–28 € – erhältlich an allen bekannten Vorverkaufsstellen und online