Zum Küsterberuf fand Köster wie viele seiner Kollegen eher zufällig. Gelernt hat er Krankenpfleger. Erst mit 37 Jahren holte er sein Abi nach und studierte Theologie. „Doch beim Hebräisch-Pauken fühlte ich mich kreuzunglücklich und völlig fehl am Platz“, erinnert er sich.
Ein Mini-Job in der St.Pauli-Kirche eröffnete ihm im Juni 2013 neue, spannende Betätigungsfelder. Denn plötzlich lebten auf dem Kirchengrundstück 80 Lampedusa-Flüchtlinge und es galt den Einsatz von 250 Ehrenamtlichen zu koordinieren. „Das war für mich ein Wink mit dem Zaunpfahl“, sagt Köster, „ich wusste plötzlich, was ich wirklich machen will und wo ich hingehöre.“
„Gute Seelen“ im Hintergrund
Seit Mai 2014 besetzt Philippe Köster ganz offiziell eine Dreiviertelstelle als Küster. Eine Position, die Eigenständigkeit, Überblick, Weitsicht, Ruhe und Zuverlässigkeit erfordert. Denn sie besteht aus Hunderten von kleinen, aber wichtigen Arbeiten: überall nach dem Rechten schauen, Türen und Tore auf- und zuschließen, Gottesdienste und andere Veranstaltungen vor- und nachbereiten, Gelder zur Bank und Pakete zur Post bringen, Handwerker, Reinigungs- und Hilfskräfte anleiten.
Ein Lehrberuf ist Küster nicht. „Die guten Seelen im Hintergrund“, wie Bischöfin Fehrs die Küster kürzlich nannte, sind meist handwerklich geschickte Menschen, die als Quereinsteiger in den Job hineinwachsen. Zudem bietet die Kirche eine siebentägige Fortbildung an, die auch Philippe Köster absolviert hat und sich deshalb nun „kirchlich anerkannter Küster“ nennen darf.
Bei dieser Ausbildung hat er erfahren, dass in manchen Kirchen der Küster auch für den Blumenschmuck zuständig ist. „Hier zum Glück nicht“, schmunzelt er, denn handfeste Arbeiten und Organisationsaufgaben liegen ihm mehr.
Bei Events macht er auch mal die Bar
Aktuell werde in der St.Pauli Kirche zum Beispiel ein neues Soundsystem installiert, berichtet Köster und fügt nicht ohne Stolz hinzu, dass sein Dienstort auch als Event-Location berühmt und begehrt sei. Was auch daran liegt, dass in den neunziger Jahren die festen Bankreihen aus dem Kirchenschiff entfernt und durch Stühle ersetzt wurden. Für Feste und Veranstaltungen kann die Fläche leer geräumt werden.
Zur Fussball-WM 2006 gab es unter dem Kirchendach zum Beispiel ein Public-Viewing auf Sofas. Auch das Reeperbahn- und das Harbour-Front-Literatur-Festival mieten sich regelmäßig ein. Und die Film-Serie „Der Hafenpastor“ mit Jan Fedder als Pastor Stefan Book spielt in der St.Pauli-Kirche.
Als Küster kümmert sich Philippe Köster während solcher Vermietungen um reibungslose Abläufe und meist macht er sogar die Bar. Für einen guten Zweck, wie die Kirchenstiftung, verkauft er dann Bier und Brause und freut sich über Touristen, Festivalbesucher und Gemeindemitglieder, die in „seiner“ Kirche zusammen kommen und sich wohl fühlen.
Ein friedlicher Garten für alle
Pause macht Philippe Köster, dessen Nachnahme übrigens nach seinen Angaben durch Lautverschiebung von „Küster“ hergeleitet ist, am liebsten im Kirchgarten. Der ist für alle auf St. Pauli da. An sommerlichen Tagen genießt ein buntes Völkchen die Sonne oder den kühlen Schatten unter den hohen Bäumen. Man hört Kinder lachen, Boulekugeln klacken. Menschen picknicken oder ruhen sich auf Decken aus. Anwohner zupfen Unkraut von „ihren“ Blumenbeeten.
Der Lieblingsplatz des Küsters sind zwei Betonblöcke auf dem Rasen. Hier setzt er sich gern hin, dreht sich eine Zigarette und schaut entspannt und zufrieden Richtung Elbe. Name, Beruf und Berufung sind bei Philippe Köster verschmolzen. Und das gefällt ihm. „Das hier ist ein friedlicher Garten. Und obwohl das vielleicht etwas spießig klingt: Ich würde ihn am liebsten nie verlassen.“
Der Kirchgarten ist im Sommer ab 6 Uhr morgens bis Sonnenuntergang geöffnet.