Fußball-EM Jogis Buben in Gottes Stuben - oder nicht?

Fußballschuhe zum Talar: So liefen die Eidelstedter Pastoren bei der WM 2014 auf

Kommerz und Korruption in den Fußballverbänden, die Angst vor Terroranschlägen in Frankreich: Alles andere als unbeschwert beginnt die Fußball-EM am Freitag in Paris. Die Meisterschaftsspiele gemeinsam zu schauen, war auch in manchen Kirchengemeinden Kult. Doch in diesem Jahr ist das anders

Das erste Mal seit 20 Jahren verzichtet die Kirchengemeinde Eidelstedt auf ein Public Viewing zur EM. Regelmäßig hatte es dort zu den Meisterschaften geheißen "Jogis Buben in Gottes Stuben". Doch dieses Mal ist mit der Tradition Schluss. Warum sagt Pastor Jörn de Jager im Gespräch mit kirche-hamburg.de.

Anders sieht es Frank Engelbrecht, Pastor an der Hauptkirche St. Katharinen. Diese lädt zum ersten Deutschlandspiel und zum Finale auf den Kirchhof ein. "Ein Verzicht ändert nichts", meint Engelbrecht. 

Pro und Kontra – Fußball in der Kirche

  • Die erste Fußballübertragung in unserer Gemeinde in Eidelstedt starteten wir zur EM 1996, mit einem kurzen Fußball-Gottesdienst in der Kirche und live Übertragung im Gemeindehaus. Seitdem haben wir zu den Deutschlandspielen eingeladen und gefeiert, bei jeder WM und EM. Mit Flaggen in der Kirche für die jeweils spielenden Mannschaften und an der Kanzel vom ausrichtenden Verband.

    Doch dieses Jahr haben wir uns aus zwei Gründen dagegen entschieden: Die Korruption in den Fußballverbänden, auf allen Ebenen. Wir wollten die verheerenden Zustände in diesen Organisationen nicht noch unterstützen. Das andere ist die zunehmende Kommerzialisierung: Statt wie zuvor 16 treten und 24 Nationen an – weil der Europäische Fußballverband mit dem Verkauf der Übertragungsrechte Geld verdient. Dadurch dauert die EM einen Monat und Mannschaften sind dabei, deren Qualität ich für eher fraglich halte. Wichtige Spiele werden ab 21 Uhr übertragen, weil da am meisten Zuschauer vor dem Fernseher sitzen. Doch für Familien mit Kindern ist das zu spät und vor allem sie kamen in den vergangenen Jahren zu uns ins Gemeindehaus.

    Ob es zur WM 2018 bei uns wieder heißt „Jogis Buben in Gottes Stuben“ entscheiden wir, wenn es an der Zeit ist. Die FIFA hat erste Schritte gegen Korruption eingeleitet. Das lässt hoffen. Ich bin Fußballfan mit Dauerkarte für den HSV. Auch wenn den Spitzenfunktionären der Verbände die Rote Karte gebührt: Fußball ist für mich ein toller Sport. Daher werde ich privat schauen, wenn es sich einrichten lässt. Ich freue mich auf Fußballspieler, die es drauf haben wie Boateng – mit seinen präzisen Pässen über 50 Meter zentimetergenau zu seinen Mitspielern.

    Jörn de Jager, Pastor in der Kirchengemeinde Eidelstedt

  • Die EM in diesem Jahr ist überschattet: von den Korruptionsaffären der Funktionäre in den Fußballverbänden. Und von der Angst vor Terror bei Großveranstaltungen. Zwei Anschläge haben die Menschen in Paris in diesem und im vergangenen Jahr erlebt. Und nun ist Frankreich Gastgeber. Das wollen wir in St. Katharinen auch sein, gerade jetzt. Wir laden auf unseren Kirchhof zum Public Viewing ein, zur Eröffnung und zum Endspiel. Das ist nicht ganz so häufig wie bei den Meisterschaften zuvor.

    Doch wir wollen ein Zeichen dafür setzen, dass wir uns die Freude am Spiel nicht nehmen lassen. Fußball bewegt – über gesellschaftliche Schichten und Grenzen hinweg. Ich habe noch erlebt wie die Fans aus der Westkurve beim HSV Affengeräusche imitierten, wenn ein farbiger Spieler auf den Rasen lief. Heute gibt es eine Welle der Solidarität mit Jerome Boateng nach den rassistischen Angriffen durch die AfD. Und wann haben Menschen schon solch eine Chance gemeinsam zu fiebern und zu jubeln, enttäuscht und ausgelassen zu sein.

    Aus der nachbarschaftlichen Fußballbegeisterung in St. Katharinen ist viel entstanden: zum Beispiel der Bolzplatz in der Hafencity, auf dem Kinder und Erwachsene miteinander kicken können. Die Freude am Spiel nicht zu teilen, ändert gar nichts. Und so laden wir auch dieses Mal zum charmantesten Viewing Hamburgs unter unseren Kirchturm ein.

    Frank Engelbrecht, Pastor an der Hauptkirche St. Katharinen

  • Hauptkirche St. Katharinen Speicherstadt

    Zeit: Donnerstag, 16. Juni
    Begleitproramm: Tipp-Kick Turnier, 19 Uhr, AIT-Architektursalon, bei den Mühren 70, 20457 Hamburg
    Beginn: 21 Uhr auf dem Katharinenkirchhof bei Würstchen und Kaltgetränken

    Finale
    Zeit: Sonntag, 10. Juli
    Begleitprogramm: ab 12.00 Uhr, Lohsepark in der HafenCity mit Fußballturnieren für Große bis 14 Uhr und Kinder von 15 - 17 Uhr
    Beginn: 20 Uhr auf dem Katharinenkirchhof bei Würstchen und Kaltgetränken, Anpfiff ist 21 Uhr

     

    Epiphaniengemeinde Winterhude

    Zeit: Donnerstag, 16. Juni und alle weiteren Spiele mit deutscher Beteiligung sowie das Finale
    Ort: Großheidestraße 44

     

Jörn de Jager

Frank Engelbrecht