Am Sonntag startete der Ökumenische Pilgerweg für Klimagerechtigkeit in Flensburg. Ziel ist nach 1470 Kilometern Paris. Dort treffen sich Ende November Staatenlenker aus aller Welt zur UN-Klimakonferenz. Sie beschließen ein neues internationales Klimaabkommen.
Unter dem Motto „Geht doch!“ soll der Pilgerweg auf die globalen Dimensionen des Klimawandels aufmerksam machen. Eingeladen hat ein ökumenisches Bündnis aus evangelischen Landeskirchen, Diözesen, Entwicklungsdiensten und Jugendverbänden.
Auch durch Hamburg führt die Route
Auch durch Hamburg führt der Weg über alte Pilgerrouten: von Alveslohe und Pinneberg bis nach Blankenese und von dort über die Elbe Richtung Bremen. Wer mag, wandert ein Stück mit.
Siegfried Zinser aber geht aufs Ganze. Er ist Marathon-Läufer. Sieben mal hat er schon die 42 Kilometer am Stück geschafft. Aber das Knie will nicht mehr so. Jetzt also Pilgern, 20 bis 25 Kilometer am Tag. Mit Pausen ist er 78 Tage unterwegs. Damit er durchhält, hat er auch im Fitnessstudio trainiert. Das erste und bisher letzte Mal war er 2008 auf dem Jakobsweg in Frankreich unterwegs. Nach zehn Tagen musste er abbrechen, weil sein Zeh gebrochen war.
Er wird das Nötigste in seinen Rucksack packen und nur ein paar Schuhe mitnehmen. Sein Flügelhorn kommt ins Begleitfahrzeug. Er ist neugierig auf die Menschen und die Landschaften. Wie wird es sein, bei Wind und Wetter im Herbst zu laufen? Er will die Chance nutzen, sich intensiv mit dem Thema Klimagerechtigkeit zu beschäftigen. Denn die Pilgernden erwartet ein Begleitprogramm: Vorträge, Workshops, Konzerte. Zinser sagt: „Ich werde das alles wie Muttermilch aufsaugen.“
"Ich liebe Luxus. Aber die Welt ist anders"
Vor seiner Pensionierung hat Siegfried Zinser Seniorenresidenzen in ganz Deutschland geleitet, zuletzt die Ernst und Claere Jung Stiftung in Othmarschen. In den Ferien ist er viel gereist. Er hat mehrere Wochen in Papua-Neuguinea gelebt, in Indien und auf den Fidji-Inseln.
Hin und wieder hat er sich auch mal eine Kreuzfahrt gegönnt. „Ich liebe Luxus“, sagt er. „Aber die Welt ist anders.“ Beeindruckt habe ihn immer wieder, wie die Menschen in armen Ländern aus nichts etwas machten. „Wir müssen runterkommen“, sagt er. „Was einfach ist, wollen wir oft nicht wissen.“
Zinser hat seine Ansprüche für die nächsten 78 Tage heruntergeschraubt. Auf einer Isomatte zu schlafen, mache ihm nichts aus, sagt er. „Aber hin und wieder eine warme Dusche und ein Bett wären schon schön.“
In jeder Stadt spielt er auf dem Flügelhorn
Ihn reizt nicht nur das Thema des Pilgerwegs, sondern auch die spirituelle Erfahrung. Sein Glaube hat ihn schon durch Krisen im Leben getragen: durch zwei Scheidungen, durch den Bruch mit seinem Sohn.
Zinser wuchs in einer christlichen Einrichtung in Niedersachsen auf, in der sein Vater Diakon war. Jeden Tag las die Familie in den Herrnhuter „Losungen“. Und so hält er es bis heute. In seinem Losungsbuch mit den Schreibseiten für jeden Tag wird er seine Eindrücke festhalten.
Und noch etwas hat er sich vorgenommen: Morgens und abends will er auf seinem Flügelhorn spielen, in jeder Stadt. „Nun danket alle Gott“ und andere Choräle, die er auch aus seinem Posaunenchor in Groß-Flottbek kennt. Aber aufs Fotografieren verzichtet er. Er will Augen haben für Mitpilgernde, Vögel, Schiffe und Steine am Wegesrand. „Ich brauche keine anderen Attraktionen“, sagt er.
Links & Downloads