Requiem für Geflüchtete „Gegen Gleichgültigkeit und Vergessen“

Sie wird jedes Jahr länger: die Liste derer, die auf ihrer Flucht nach Europa den Tod gefunden haben. Beim Flüchtlingsrequiem am Volkstrauertag in St. Jacobi zieht sie sich vom Altar bis in den Mittelgang.

„Wir setzen ein Zeichen gegen die Gleichgültigkeit und das Vergessen“, sagte Dietlind Jochims, Flüchtlingsbeauftragte der Nordkirche bei einem Gedenkgottesdienst für Geflüchtete. Am Sontag kamen dazu Aktive der kirchlichen Flüchtlingsarbeit in der Hauptkirche St. Jacobi zusammen.

Mit dem Flüchtlingsrequiem unter dem Titel „Gedenken und Protest“ sollte vor allem derer gedacht werden, die bei der Flucht nach Europa ums Leben gekommen sind.

 

„Es soll möglichst keine Zeugen dieser unmenschlichen Politik geben“

„Fliehende Menschen leiden und sterben an den Grenzen Europas – auf dem Meer, an den Stacheldrahtzäunen, in den Wäldern. Die Bilder und Berichte darüber sind selten geworden. Denn staatliche Stellen wollen nicht, dass ihr Leid und ihr Tod im Blick ist. Es soll möglichst keine Zeugen dieser unmenschlichen Politik geben“, sagte der Flüchtlingsbischof der Evangelischen Kirche in Deutschland, Christian Stäblein. „Mut macht mir die große unermüdliche Solidarität in unserer Gesellschaft. Ein Beispiel dafür ist unser Engagement im Bündnis „United4Rescue“.

Erst in der vergangenen Woche hatte die Sea Watch 5 in Hamburg Taufe gefeiert. Es ist das dritte Schiff von United4Rescue, einem Bündnis zur Unterstützung der zivilen Seenotrettung, dem auch viele Kirchengemeinden und kirchliche Einrichtungen angehören.

 

Umdenken in der Politik gefordert

„Mit dem Flüchtlingsrequiem protestieren wir gegen das Sterbenlassen und setzen uns ein für die Lebenden. Wir fordern ein Umdenken in der Politik“, betonte Dietlind Jochims in ihrer Predigt, die sie unter das Psalmwort „Zähle die Tage meiner Flucht, sammle meine Tränen in deinen Krug“ (Psalm 56,9) stellte. „Europas Grenzen sind tödlich. Wir setzen ein Zeichen gegen die Gleichgültigkeit und das Vergessen“, sagte sie weiter.

Imam Erkan Yüksekkaya von der Centrums Moschee in Hamburg rezitierte die islamische Totenklage aus dem Koran.

Das Requiem wird bereits seit 2007 am Volkstrauertag gefeiert und von einem ökumenischen und interreligiösen Bündnis getragen. Einladende waren die Flüchtlingsbeauftragte der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche), Dietlind Jochims, die Caritas im Erzbistum Hamburg, Hauptpastorin und Pröpstin Astrid Kleist von der Hauptkirche St. Jacobi, der Kirchenkreis Hamburg-Ost und die diakonische Basisgemeinschaft „Brot & Rosen“.