Herr Ahrens, was sind Werte für Sie?
Mein Glaube ist werthaltig. Er beeinflusst mein Handeln und Sein. Das Zusammenleben in einer Gesellschaft ist ohne Werte nicht denkbar und wir brauchen einen fortlaufenden Diskurs über Rechte und Normen, auf der Basis des Grundgesetzes. Werte und Haltungen dürfen jedoch nicht darüber entscheiden, ob jemand zu unserer Gesellschaft gehört oder nicht.
Braucht eine Gesellschaft neben Gesetzen nicht eine einheitliche Wertebasis?
Das Grundgesetz will gerade Wertevielfalt ermöglichen. Der Staat gibt keine einheitlichen Werte vor. Werte sind auch nicht per se gut. Es gibt welche, die ich nicht teile. Zum Beispiel, dass die Erhöhung des eigenen Vermögens wichtiger ist als sozialer Friede. Oder den, dass die Abschottung Europas einen höheren Wert hat als Menschen Schutz vor Krieg und Verfolgung zu bieten.
Aber ist Abgrenzung nicht wichtig?
Zu Werten zu stehen, sie zu verteidigen – das ist wichtig. Aber das darf man nicht mit dem Thema Integration vermischen. Nach dem Motto: Zugang zu unserer Gesellschaft hat nur, wer pünktlich und ehrlich ist. Damit schaffen wir für Zuwanderer andere Bedingungen als für uns.
Müssen wir Parallelgesellschaften akzeptieren?
Viele Menschen haben die Neigung, unter ihresgleichen zu bleiben. Gesellschaften sind immer segmentiert. Allerdings muss das Grundgesetz in jedem Winkel unserer Gesellschaft wirkmächtig sein – etwa auch bei Steuerflüchtlingen.
Wo sehen Sie die Aufgabe der Diakonie?
Wir sind ein wichtiger Träger von Integration. Wir wollen dazu beitragen, die Gesellschaft zusammenzuhalten. Wo Menschen in Not sind, unterstützen wir – unter anderem auch mit Rechtsberatung. Damit Ankommende wissen, in welchem Rahmen sie sich bewegen.
Über welche christlichen Werte würden Sie diskutieren?
Man kann über jeden Wert sprechen. Das geschieht auch ständig, in der Diakonie, in der Kirche, in der Gesellschaft. Denken Sie nur an die vielen theologischen Diskussionen die wir führen. Die Wahrheit ereignet sich im Gespräch. Ich erinnere nur an das Jesuswort: ,Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, bin ich mitten unter ihnen’. Damit meinte er aus seiner jüdischen Tradition heraus zunächst Menschen, die diskutierend über der Thora sitzen und die heilige Schrift verstehen wollen.
Woran können Menschen sich orientieren?
Der Leitfaden unserer Arbeit ist die Bibel. Das ist ein dickes Buch und keine To-Do-Liste. Damit wir uns nicht missverstehen: Nächstenliebe ist ein hoher Wert. Und die Diakonie steht klar für christliche Werte. Doch diese sind nicht verpflichtend für Menschen, die zu uns nach Deutschland kommen. Ich plädiere für Ehrlichkeit und Fairness ihnen gegenüber. Und da geht es um klare Spielregeln, die vom Grundgesetz vorgegeben sind.