„Was bleibt.“ – das ist nicht nur der Titel einer wandernden Ausstellung, die vom 8. bis 16. November nun auch in Hamburg-Niendorf zu sehen sein wird. Es ist auch eine essenzielle Frage für uns als Mensch: Was bleibt von mir, wenn ich nicht mehr bin?
Mit dieser Frage war auch die Journalistin Louise Brown nach dem Tod ihrer Eltern konfrontiert. In ihrem Buch „Was bleibt, wenn wir sterben“ schreibt sie über ihre Erfahrungen als Trauerrednerin und ihre Suche nach dem, was über das Ende hinaus wirklich zählt. Was sie gefunden hat, verrät sie im Interview.
Christian Schierwagen: Wie empfinden Sie die gesellschaftliche Haltung zum Thema Tod und Sterben? Was können wir in diesem Punkt von einer Trauerrednerin lernen?
Louise Brown: Es wird oft gesagt, dass der Tod ein Tabu-Thema sei. Ich sehe das anders; gerade bei den Lesungen bin ich inzwischen so vielen Menschen begegnet, die sich Gedanken zu den Themen Tod und Trauer machen und die sich über ihre Erfahrungen mit Verlust austauschen können und auch möchten.
Aus meiner Sicht fehlen uns die Räume, um das zu tun. Diese kleinen Öffnungen im Alltag, in denen man sich von seiner verletzbaren Seite zeigen kann. Das ist etwas, was ich in meiner Arbeit als Trauerrednerin und mit den Lesungen mit meinen Büchern zumindest versuchen möchte: Räume zu schaffen, in denen es möglich ist, sich offen über den Tod und die Trauer austauschen zu können. Aber auch privat kann jeder von uns, glaube ich, für eine solche Öffnung sorgen. Denn um einem Menschen wirklich zuzuhören, muss man keine Trauerrednerin sein; das kann jeder.
Schierwagen: Es heißt, Sie hätten sich nach dem Tod Ihrer Eltern für den Beruf als Trauerrednerin entschieden, um dem Tod etwas Sinnstiftendes abzugewinnen – haben Sie diesen Sinn in Ihrer Arbeit mit Hinterbliebenen gefunden? Wie sieht er aus?
Brown: Menschen in einer so schweren Zeit mit meinem Handwerk als Journalistin und mit meiner Erfahrung als Trauernde dienen zu können, ist sehr sinnstiftend für mich. Durch diese Arbeit ist mein Alltag kostbarer und intensiver geworden; ich selbst bin demütiger und dankbarer geworden.
Nichts hat mich mehr über das Leben gelehrt als der Tod. Nichts lässt mich mehr die kleinen Momente und die Bedeutung des Zusammenseins besser schätzen. Meine eigene Verlusterfahrung wiederum hat mich zwar verletzbarer und einsamer gemacht, aber im Rückblick würde ich sagen, auch mutiger, offener und auch kreativer.
Schierwagen: Als jemand, der ein wenig über den Tod und viel über das Leben spricht, die große Frage an Sie: Was bleibt von uns, wenn wir sterben?
Brown: Was bleibt von uns, ist nicht das Materielle und nicht die großen Leistungen, sondern das, was gerne im Leben übersehen wird, die vermeintlichen flüchtigen Dinge, deren Wert wir zu Lebzeiten oft unterschätzen und die wir manchmal erst mit dem Tod eines Menschen wahrnehmen, wie unsere Wärme, Zuverlässigkeit, Vertrauen oder Akzeptanz. Was bleibt ist das Gefühl eines Menschen, seine ganz eigene Essenz, die nicht optimiert werden kann und die tief in ihm steckt, auch wenn er alt und gebrechlich wird. Und was bleibt von uns ist unsere Liebe.
“Was bleibt.”: Eröffnung und Einladung zum Gespräch
„Was bleibt.“ ist eine gemeinsame Initiative Evangelischer Landeskirchen und ihrer Diakonischen Werke. Louise Brown wird die Ausstellung, die vom 8. bis 16. November im TiBARG Center in Hamburg-Niendorf zu sehen ist, mit einem Vortrag über ihre Erfahrungen als Trauerrednerin eröffnen. An der Haspa Filiale Niendorf, Tibarg 46-48, können Interessierte um 18 Uhr vorbeischauen. Anschließend wird es die Möglichkeit für einen Austausch geben.
Über die Ausstellung hinaus wird es im Stadtteil vom 6. bis 24. November verschiedenste Veranstaltungen geben, die das Thema von unterschiedlichen Perspektiven beleuchten, vom Poetry-Slam bis hin zu einem Konzert mit Rolf Zuckowski. In der Broschüre finden Sie alle wichtigen Informationen.