Ankommen Majds Herzenswunsch

Haben viel Spaß miteinander: Majd (Mitte) und Familie Langrock-Kögel

Der „Andere Advent“ ist der auflagenstärkste Adventskalender ins Deutschland. Seit fünf Jahren arbeitet Christiane Langrock-Kögel im Redaktionsteam mit. Für die aktuelle Ausgabe war das mehr, als über Texte und Bilder nachzudenken. Die Geschichte einer Begegnung

Ein Freitagnachmittag im Herbst, draußen ist es grau. Drinnen leuchtet eine Kerze, Kaffee duftet. Ein großer Holztisch in einer Neubauwohnung in Bahrenfeld. Hier lebt Christiane Langrock-Kögel, 44, mit Mann und drei Kindern. Auch Majd, 27, ist schon da, wie fast jede Woche. Er kommt aus Syrien.

Die Wirtschaftsjournalistin hat ihn für den Kalender „Der Andere Advent“ nach einem Herzenswunsch gefragt, nach etwas, das über das Lebensnotwendige hinaus wichtig für ihn ist. So begann eine Freundschaft, die ihr Leben und das ihrer Familie verändert hat.

Majd sitzt am Tisch und kaut auf einer Honigwaffel, die Finn, 2, ihm in den Mund gestopft hat. Vor ihm liegt sein Handy. Wenn er es in die Hand nimmt, leuchtet ein Bild auf: Finn auf seinem Arm, die beiden strahlen.

Die Menschen fliehen aus den Trümmern

Das Telefon ist Majds einzige Verbindung zu seiner Familie in Aleppo, der bevölkerungsreichsten Stadt Syriens. Die Bomben fallen wie nie zuvor. Die Menschen fliehen aus den Trümmern. Seine Eltern, seine Schwester und ein Bruder sind noch da. Ein weiterer Bruder ist in die Türkei geflohen.

Vor knapp einem Jahr kam Majd nach Hamburg. Im März 2015 traf ihn Christiane Langrock-Kögel in der Kleiderkammer der Lutherkirche in Bahrenfeld, wo er aushalf. Er ist Schneider von Beruf.  Majd lebte damals in der benachbarten Erstunterkunft an der Schnackenburgsallee. Er erzählte ihr von seiner Flucht über Libyen nach Italien. Mit 250 anderen Menschen in einem Boot, 15 Stunden Überfahrt voller Angst. 5700 Dollar hatte er dem Schlepper bezahlt. Das Geld dafür hatte sich von seiner Familie geliehen.

Als sie ihn nach einem Herzenswunsch fragte, merkte Christiane, dass diese Frage ungewohnt war. Majd brauchte Zeit zum Nachdenken. Dann sagte er, dass er gerne wieder Oud spielen wollte. In Aleppo hatte er wenige Monate vor seiner Flucht angefangen, die orientalische Laute zu lernen.

Er wartet auf eine Aufenthaltsgenehmigung

Bei einem türkischen Händler besorgten sie ein Instrument. Der ökumenische Verein „Andere Zeiten“ gab Geld dazu. Heute geht Majd zweimal in der Woche zu seinem Lehrer Ali Shibly in den Kulturladen Sankt Georg.

Regelmäßig ist Majd bei Christiane und ihrer Familie zu Gast, auch mit seinen beiden Freunden Yahia und Mohamad. Sie kochen gemeinsam, feiern, gehen ins Theater. Deutschland sei ein schönes Land. Ein Land der Freiheit, sagt Majd.

Seit Juli wohnt er in einer Folgeunterkunft, einem Container in Hammerbrook. Monatelang konnte er nicht schlafen, weil er Angst hatte, nachts abgeholt und abgeschoben zu werden. Alle 14 Tage musste er seine Duldung erneuern.

Auch die Pastoren und andere Mitglieder der Christianskirche in Ottensen - Christianes Gemeinde - standen ihm zur Seite, bis klar war, dass er bleiben kann. Jetzt wartet er auf eine Aufenthaltserlaubnis, die laut der Genfer Flüchtlingskonvention für drei Jahre gilt.

In ein Heftchen schrieb er die ersten deutschen Wörter

Seine ersten deutschen Wörter hat er sich alleine beigebracht. Er suchte sie im Internet und schrieb sie in ein Heftchen. Inzwischen besucht er einen Deutschkurs. Wäre es möglich, würde er seine Familie nach Hamburg holen. Er schickt seinen Eltern Fotos, zum Beispiel von seinem Geburtstag. Sie sehen dann, dass er nicht alleine ist, dass er auch in Deutschland ein bisschen Familienleben hat.

Langrock-Kögel sagt, dass die Freundschaft mit Majd und seinen Freunden das Leben ihrer Familie bereichert hat. „Wir lernen so viel kennen, zu dem wir vorher keinen Zugang hatten“, sagt sie. Und was ist ihr Wunsch? „Das wir auch in zwanzig Jahren noch gemeinsam an diesem Tisch sitzen.“

Der Kalender Der Andere Advent lädt vom 28. November bis 6. Januar mit Texten und Bildern dazu ein, die Advents- und Weihnachtzeit aus einer besonderen Perspektive zu betrachten. Er  ist zu bestellen bei: Andere Zeiten e.V., Telefon 040/47 11 27 27, Internet: www.anderezeiten.de, Preis: 8 € + Versand

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