Lockdown Kann eine Pastorin Home Office machen?


Abstand halten, Kontakte vermeiden. Diese Regeln begleiten uns schon fast ein ganzes Jahr. Auch viele Berufstätige arbeiten jetzt von zu Hause aus und fahren nicht ins Büro. Dass funktioniert aber nicht für alle Jobs. Wir haben bei einem Pastor und einer Pastorin nachgefragt, wie sie die Situation erleben. Kann man als Pastorin oder Pastor so einfach Home Office machen?

Teilweise, sagt Caroline Raddatz. Sie arbeitet seit vergangenem Jahr als Pastorin in den Kirchengemeinden Quickborn-Hasloh und Quickborn-Heide. Die Arbeit findet bei ihr im Wechsel statt. Mal Home Office, mal Außentermine. Vieles kann man am Computer erledigen, aber eben nicht alles.

„Predigten schreiben geht natürlich vom Büro aus, aber für meine Ideen brauche ich reale Erlebnisse und Geschichten. Aktuell lese ich mehr Zeitung, Bücher und schaue mehr Filme, um wenigstens ein bisschen am Puls der Leute zu sein. Ich telefoniere mehr mit Leuten als früher. Ich schaue auch in facebook Gruppen was die Leute in meiner Stadt so diskutieren. Wer nur in seinem Büro sitzt ohne Außenbezug kann keine Predigten schreiben finde ich“, erklärt sie.

 

Seelsorge mit Maske

Im Hamburger Osten, in Lohbrügge, macht Pastor Jonas Goebel ähnliche Erfahrungen. Für ihn ist es wichtig direkten Kontakt konsequent zu vermeiden, um sich und andere zu schützen. Auch beim Trauergespräch oder Beratungen trägt er eine FFP2 Maske. Gemeindesitzungen finden online statt.

„Bei mir ist das Büro auch zugleich Besprechungsraum. Ich habe meinen Schreibtisch hier und Platz für Trauergespräche, Planungsgespräche, Glaubenskurse – also vor Corona konnten sechs Leute gut hier zusammen sitzen. Seit Corona habe ich das auf mich und eine weitere Person reduziert, wir sitzen an den jeweiligen Tischenden und bei Gesprächen lüfte ich vorher/hinterher ausgiebig etc. Zwischenzeitlich war mein Büro auch Studio für YouTube-Aufnahmen, meinen Podcast nehme ich dort auch auf, meine Zoom-Meetings finden hier statt“, erzählt er.

 

Risikogruppe Senioren

Besonders schwierig ist für die beiden Geistlichen gerade die Arbeit mit und für Senioren. Denn mit 1,5 Metern Abstand und einer Maske auf, wird selbst ein normales Gespräch zur Herausforderung, weiß Jonas Goebel. Man versteht sich akustisch viel schlechter. Und direkter Kontakt, die Hand halten oder eine Umarmung, sind derzeit unmöglich. Zu groß die Sorge, das Virus weiterzuverbreiten, gerade bei älteren Menschen, die stärker gefährdet sind. Auch Caroline Raddatz erlebt diese Probleme:

„Schwierig sind Geburtstagsbesuche. Ich kann nicht zwei, drei Hausbesuche machen, wie es sonst üblich wäre. Ich könnte die Seuche von Haus zu Haus schleppen und das zu 70, 80 oder 90-jährigen. Das ist überhaupt meine größte Sorge seit Beginn der Pandemie: Zum Superspreader zu werden. Ich weiß, dass viele meiner Kolleginnen und Kollegen deshalb auch extrem vorsichtig sind. Alle Besuche bis auf dringende Seelsorgebesuche und Trauergespräche finden an der Tür mit Maske statt. Das verstehen die Leute manchmal nicht, gerade die Älteren. Wir schicken auch Briefe und bieten Telefongespräche an.“

 

Selbstfürsorge ist wichtig!

Und dann ergänzt sie noch etwas sehr Persönliches. Denn natürlich ist die Corona-Pandemie auch eine Belastung für Menschen, die versuchen anderen zu helfen. Gerade schwierige Gespräche gehen nicht spurlos an einer Pastorin oder einem Pastor vorbei. Selbstfürsorge ist wichtig, meint Caroline Raddatz, aber das sei gerade nicht ganz einfach.

„Alles was mir sonst gut tut – Freunde treffen, zum HSV fahren, reisen oder essen gehen fällt gerade weg“, sagt die 30-jährige. Und Jonas Goebel ergänzt: „So sehr ich die digitalen Möglichkeiten schätze - in einer Zeit, wo sie quasi fast ausschließlich genutzt werden müssen, ist es für mich ermüdend, zu wenig abwechslungsreich und kann für mich in vielen Bereichen nur ein möglichst guter aber nicht genügender Ersatz sein.“