"Himmel & Elbe" Einfach da sein und Beziehungen pflegen


Auf der einen Seite der Altonaer Trinitatiskirche an der Königstraße wachsen Häuser aus Stein, ein großes sozial-diakonisches Bauprojekt. Auf der anderen Seite leuchtet ein kleiner roter Bauwagen.

Neubau wagen auf andere Art: Hier wachsen und blühen nicht nur Feuerbohnen und Sonnenblumen, sondern Begegnungen und Gemeinschaft an der „Zusammenmachbar“. Im Winter gab es heiße Suppe, Musik und Gemeinschaft an der Feuerschale. Im Frühling wurden Samen und Ideen gesät und NeNA gegründet – das Netzwerk Nachbarschaft Altona mit monatlichem Nachbarschaftsfrühstück. Zum Sommerfest kamen die Preise für die „Tombola der Begegnung“ aus der Nachbarschaft. 

Udo zog das große Los „Nachbarschaftliche Herzenswärme“ – er gewann herzliche Umarmungen von Renate. Wenn sie ihn nun umarmt, geht ein Lachen um den Bauwagen. Inge hat einen „Bügelgutschein“ gespendet und Pastor Morche hat ihn gewonnen. „Da bahnt sich eine Bügelfreundschaft an“, freut sich Diakonin Johanna Lühmann, die am Bauwagen als „Quartiersengel“ für den Flow sorgt (und auch auf Instagram vertreten ist). 

„Es ist mein Herzensprojekt“, gesteht sie, „vielleicht passiert hier etwas, was die Welt braucht. Erstmal keine großen Strukturen. Mehr Raum, sich kennenzulernen, wirklich miteinander zu sprechen – Deeptalk statt Smalltalk, einfach da sein, Beziehungen pflegen und einen schützenden Raum bauen.“ 

Initiative will Begegnungsräume zwischen Kirche und Quartier schaffen

„ZusammenWir!“ heißt die Initiative des Kirchenkreises Hamburg-West/ Südholstein, die den Bauwagen als offenen Begegnungsort erfunden hat. Sie will „Wir-Räume“ stärken, offene Begegnungsräume zwischen Kirche und Quartier, für Gemeinschaft und gegenseitige Unterstützung, die in Krisenzeiten immer wichtiger werden. Finanziert wird das innovative Projekt von der Deutschen Fernsehlotterie, dem Bezirksamt Altona und der Kirche. In den Sommerferien hat Johanna Lühmann mit ihren beiden Kindern eine Woche im Bauwagen gewohnt. 

Es waren leuchtende, gemeinsame Sommertage voller Geschichten und Ideen. Für kreative Kinderbetreuung und vielfältige Verpflegung sorgte die Nachbarschaft ganz von allein und der Obdachlose im nahen Zelt bot nächtlichen Schutz an. „Eine Sommerreise – wir reisten zusammen, im Geiste und im Gespräch ins Neuland lebendiger Nachbarschaft“, erzählt die Diakonin. 

„Zuhören heißt für die Seele sorgen“

Zuhören und dazugehören trotz aller Unterschiede, das wird so geübt und von ehrenamtlichen Seelsorgenden unterstützt, die sich nach einjähriger Ausbildung hier engagieren. Sie besuchen Menschen im Stadtteil und sind donnerstagnachmittags am Bauwagen auch für schwierige persönliche Themen ansprechbar. 

„Zuhören heißt für die Seele sorgen“, sagt Ines aus dem Team. „Ich kann etwas tun für gute Gemeinschaft und selbst dazugehören, so wie ich bin. Das tut mir gut.“ Menschen, die spürbar Not und Einsamkeit mit sich herumtragen, fassen hier Mut und bringen sich ein. Einer, dem man es gar nicht ansieht, kann perfekt alte Fahrräder reparieren, eine andere lehrt Mundharmonika spielen, einer ist Clown, eine backt Brot, einer hat den grünen Daumen und alle zusammen entwickeln etwas Neues, das sie trägt. 

„Im Alltag bleiben wir ja sonst meistens in unserer Bubble“, sagt Diakonin Lühmann. Die kirchliche Initiative „ZusammenWir!“ will andere Wege öffnen. Zusammenhalt braucht offene Begegnungsorte, Menschen, die da sind und bisweilen auch ein bisschen Chaos, aus dem Neues wachsen kann. 

Weitere spannende Themen lesen Sie in der neuen Ausgabe von “Himmel & Elbe” im Hamburger Abendblatt.