Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat die Praxis des Kirchenasyls scharf kritisiert. Was sagen Sie dazu?
Gemeinsames Ziel von „Kirche“ und „Gesetz“ sollte sein, Menschen den Schutz zu gewährleisten, der ihnen zusteht. Wo dies nicht geschieht, kann Kirchenasyl eine Möglichkeit von „subsidiärem Menschenrechtsschutz“ sein, der geboten ist. Für diesen gewährten Schutz könnte der Staat durchaus auch dankbar sein.
Stellt sich die Kirche mit der Praxis, Menschen in Not Schutz zu geben, über das Gesetz, wie de Maizière ihr vorwirft?
Das Gegenteil ist meiner Meinung nach der Fall: Sie stellt sich in den Dienst des Rechtsstaats. Denn nach Artikel 1 des Grundgesetzes ist die „Würde des Menschen… unantastbar“, sind die Menschenrechte „unverletzlich und unveräußerlich“. Daran sind „Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung“ gebunden.
Bundesweit gibt es rund 200 Fälle von Kirchenasyl. Wieviele davon in Hamburg und Umgebung?
In der Stadt Hamburg haben wir 30 Fälle mit 55 Personen, in Schleswig Holstein 14 Fälle mit 28 Personen.
Werden alle Menschen beherbergt, die darum bitten?
Nein, jeder Einzelfall wird geprüft. Es gibt natürlich Gemeinden, die Anfragen ablehnen und Anfragen, bei denen ein Kirchenasyl keine Perspektive für eine Lösung bieten kann.
Kirchenasyl bietet Menschen die Chance, Einzelfälle noch einmal genauer zu betrachten. Wie „erfolgreich“ verlaufen Kirchenasyle - wie hoch ist die Quote derer, die hinterher doch eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen?
Mehr als 80 Prozent der Kirchenasyle verlaufen erfolgreich. Das heißt, es kommt zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens mit einem für die Schutzsuchenden positiven Ausgang.
Was raten Sie Gemeinden, die überlegen, Flüchtlinge aufzunehmen?
Sie sollten sich bereits im Vorfeld über grundsätzliche Fragen informieren, so dass sie in einer akuten Situation eine fundierte Entscheidung treffen können. Bei der Einschätzung einer konkreten Anfrage sollten sie sich unbedingt beraten lassen.
Was muss gegeben sein, damit Kirchenasyl gelingt?
Es braucht gegenseitige Achtung und Respekt, Klarheit über die Bedingungen, gute rechtliche Beratung, Menschen, die mittragen und unterstützen.