Vor vier Wochen startete der mit rund 100.000 Teilen bestückte Konvoi aus vier Lkw mit Anhänger von der Bonner Orgelwerkstatt in Richtung Hamburg - beladen mit 4.385 Pfeifen und edlem Eichenholz. Im Sommer soll die Orgel stehen und den Saal um sie herum zum Schwingen bringen.
"Die meiste Zeit nimmt nicht der Aufbau, sondern die klangliche Ausrichtung der Pfeifen in Anspruch", sagt Philipp Klais. Der 48-Jährige ist Geschäftsführer bei Orgelbau Klais in Bonn, einem Handwerksbetrieb, der in vierter Generation im Orgelbau tätig und weltweit gefragt ist. Sein Unternehmen zeichnete unter anderem verantwortlich für die neuen Orgeln im Hamburger Michel und im Kölner Dom. Zwei Millionen Euro kostet das Instrument - eine Summe, die der Hamburger Unternehmer Peter Möhrle gestiftet hat.
Sieben Jahre hat das Team an der Orgel gefeilt
Rund sieben Jahre lang hat das Orgelbau-Team an dem Instrument gefeilt. Eigentlich sollte es nach 18 Monaten fertig sein. Doch die Verzögerungen der Bauarbeiten an der Elbphilharmonie hatten zur Folge, dass sich die 28 Mitarbeiter noch intensiver mit der Entwicklung von Klang, Ästhetik, Material und Technik der Orgel auseinandersetzen konnten. "Wir konnten diese Zeit wunderbar nutzen, denn die Herausforderungen waren groß", sagt Klais.
Anders als in anderen Konzertsälen oder Kirchen steht die Orgel in der Elbphilharmonie mitten im Raum. So können Besucher um das Instrument herumgehen, es berühren und durch die Pfeifen hindurch ins Innere des Meisterwerks blicken. Musik werde dadurch transparent und nahbar, so Klais. Allerdings auch eine schwierige Aufgabe: "Wir mussten die Orgel so planen, dass die Menschen sie anfassen und fühlen können, ohne dass das Material Schaden nimmt."
"Die Königin der Instrumente wird entthront"
Zwischen den Pfeifen aus einer Zinnlegierung ist genug Platz, um die Mechanik im Inneren zu sehen. Hindurchgreifen kann der Betrachter allerdings nicht. Die Orgel soll kein hochglanzpoliertes Schauobjekt sein. "Das ist eine spannende Idee: Die Orgel als Königin der Instrumente wird entthront und agiert auf Augenhöhe mit den Menschen um sie herum", sagt Klais. "Sie verliert ihre Sonderstellung, ist aber dennoch Mittelpunkt des Raumes."
Technisch wird die Orgel eine Meisterin der Töne: Sie soll mit und gegen das Orchester spielen, sich einfügen oder hervorstechen, und eine möglichst große Bandbreite an Musik aus dem 19. und 20. Jahrhundert abdecken können. "Und ich wünsche mir, dass sie auch zeitgenössische Stücke spielen wird."
Und was wünscht sich Philipp Klais für "seine" Orgel in Hamburg? "Dass auch jene sie hören können, die kein Konzert besuchen wollen oder möchten." So könnten bei Führungen beispielsweise Musikstudenten für wenige Minuten die Orgel zum Klingen. Klais: "Damit jeder Hamburger und jeder Gast dieser Stadt die Chance hat, einmal dieses Instrument zu hören."