Passionszeit Zenebetch lässt selbst Kuchen stehen

„Ich faste seit meinem siebten Lebensjahr. Als Kind habe ich heimlich Süßes genascht, weil ich den Sinn des Fastens nicht verstanden habe. Heute stehe ich voll dahinter. Ich verzichte auf Fleisch und alle tierischen Produkte, also auch Eier und Milch – sogar auf meinen geliebten Kuchen. Der Verzicht bringt mich Jesus näher. Er ist meine Form dankbar zu sein, für das, was er für mich getan hat.

 

In der Passionszeit kein Fleisch zu essen, hat bei uns Tradition. In meiner Heimatstadt Addis Abeba sind viele Fleischereien während der Fastenzeit geschlossen. Man isst bis 15 Uhr gar nicht und wer Zeit hat, geht mittags zur Kirche. Hier in Deutschland ist das nicht möglich, weil wir alle arbeiten. Wir haben auch keine eigene Kirche und unser Priester kommt zweimal im Monat aus Berlin. Aber einige unserer Fastentraditionen leben wir schon: Manche Ehepaare schlafen beispielweise getrennt voneinander. Man verzichtet auf angenehme Erlebnisse, geht nicht tanzen und feiert nicht.

 

Ich schaffe es - wenn überhaupt - nur bis 13 Uhr nüchtern zu bleiben. Danach esse ich Salate oder Linsen, die ich vorgekocht habe. Ich muss ja bei Kräften sein, leite einen Pflegedienst. Ich beginne und beende den Tag in einen kleinen Raum im Keller. Dort knie ich vor den Bildern von Jesus und Maria und bete. Das tut mir sehr gut. Es ist wie eine innere Reinigung.

 

Mein Mann und ich leben seit 42 Jahren in Deutschland, unsere drei Kinder sind erwachsen. Ich bin die einzige aus der Familie, die fastet. Ich nehme es ihnen aber nicht übel. Ich koche sogar manchmal Fleisch für meinen Mann. Jeder muss selbst empfinden, was richtig für ihn ist. Jesus will nicht, dass wir uns quälen.“

 

Zur Äthiopisch-Orthodoxen Gemeinde in Hamburg gehören rund 60 Familien, die sich an jedem ersten und dritten Sonntag im Monat zum Gottesdienst in einer orthodoxen Kirche in der Schröderstift Straße am Schlump treffen. Temesgen vertritt ihre Gemeinde in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Hamburg (ACK).