Für Vielfalt und Solidarität Zehntausende demonstrieren gegen Neonazis

Bürgermeister Olaf Scholz bekräftigte in seiner Ansprache, dass Demonstrationen gegen rechts unverzichtbar für die Demokratie und den Rechtsstaat seien. "Wir stehen zusammen gegen Rechtsradikale, neue Braune und neue Nazis", sagte Scholz. Bischöfin Fehrs rief dazu auf, für die Demokratie und ihre Errungenschaften einzutreten. "Wer gegen die Menschenwürde handelt, handelt gottlos", sagte sie. Rechtsextremes Gedankengut sei "mit keiner unserer Religionen vereinbar". Es gehe "um bunte Vielfalt, nicht um braune Einfalt". Fehrs: "Unsere Unterschiede sind eine Kraft, mit der wir allen Einheitsideologien entgegentreten können." Und als Christin wolle sie es auf den Punkt bringen: "Unser Kreuz hat keine Haken."

 

Die Kundgebung auf dem Rathausmarkt, unterstützt von einem breiten Bündnis von Parteien, Gewerkschaften, Kirchen, Initiativen und Verbänden, hatte bis in den Nachmittag hinein Volksfestcharakter: Hunderte farbenfrohe Luftballons stiegen in den Himmel. Es gab ein buntes Bühnenprogramm mit Musik, Tanz und Lesungen, unter anderem von Harry Rowohlt und der Auschwitz-Überlebenden Esther Bejarano. Im Kaisersaal des Rathauses sprach Ralph Giordano.

 

Krawalle in Wandsbek

 

Parallel dazu versammelten sich in Wandsbek Demonstranten an der geplanten und genehmigten Aufmarschstrecke der Rechten. Die Polizei sprach von insgesamt rund 3.500 Teilnehmern an verschiedenen Orten, das "Hamburger Bündnis gegen rechts" nannte die Zahl von 6.000 Demonstranten. Ihnen standen offiziellen Angaben zufolge rund 4.400 Polizisten gegenüber, darunter 2.400 aus anderen Bundesländern. Der Aufmarsch der Neonazis verzögerte sich bis in den Nachmittag. Statt der erwarteten rund 1.000 Rechtsextremen erschienen nur rund 500 zu ihrer Auftaktkundgebung, laut Polizei waren es 700.

 

Polizeisprecher Streiber betonte, dass es gelungen sei, rechte und linke Demonstrationsteilnehmer auseinanderzuhalten. Dabei seien die genehmigten Demo-Routen zum Teil wegen der Sitzblockaden durch Gegendemonstranten verändert worden. Oberste Priorität habe der Sicherheit gegolten, sagte er. 63 Personen wurden in Gewahrsam genommen, 17 wurden festgenommen

 

Das "Hamburger Bündnis gegen rechts" kritisierte diese Strategie massiv. Die Polizei habe "den Nazi-Aufmarsch unter Einsatz von Pfefferspray, Wasserwerfern und Schlagstöcken durchgesetzt", sagte Bündnis-Sprecher Olaf Harms. Von den "zivilen Menschenblockaden" sei "keinerlei Gewalt ausgegangen". Anstatt rechtliche Möglichkeiten für ein Verbot der Nazi-Demo zu nutzen, habe die Polizei "die Ersatzroute der Nazis durchgeknüppelt".

 

Bereits am Vormittag seien rund 400 Gegen-Demonstranten "eingekesselt" worden, sagte Harms. Sie hätten fünf Stunden lang ohne Wasser und ohne Toiletten innerhalb von Polizeisperren ausharren müssen. "Es ist unverständlich und völlig unfassbar, dass Nazi marschieren dürfen, und andererseits Demonstrierende und Antifaschisten stundenlang unter menschenunwürdigen und damit verfassungswidrigen Umständen eingekesselt werden."