Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das kirchliche Leben lassen sich auch an Trauungen und Taufen erkennen. 2020 registrierte die Nordkirche 909 kirchliche Trauungen gegenüber 4.144 in 2019, ein Minus von 78,1 Prozent. Die Zahl der Taufen ging um 53,6 Prozent von 15.118 auf 7.016 zurück. „Bei den Zahlen zu kirchlichen Trauungen wird deutlich, dass viele Menschen dieses besondere Ereignis vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und ihren Einschränkungen abgesagt haben“, heißt es in einer Mitteilung der Nordkirche.
„Zahlen der Taufen, Trauungen, Aufnahmen und Austritte drastisch gesunken“
Für Hamburg berichtet Monika Rulfs vom Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein: „Die Pandemie hat sich zunächst darin gezeigt, dass die Zahlen der Taufen, Trauungen, Aufnahmen und Austritte drastisch gesunken sind; die der Aufnahmen und Austritte, weil die Standesämter geschlossen waren. Mit der 22. Woche des Jahres 2020 öffneten die Standesämter wieder, allerdings unter Auflagen. Insgesamt gibt es immer noch deutlich weniger Taufen und Trauungen. Viele Menschen wollen das Feiern dieser Rituale mit großen Festen verbinden. Daher werden viele Feiern verschoben.“
Auch die Zahl der Konfirmationen ging zurück. Im Jahr 2020 wurden 10.278 Mitglieder. Im Vergleich zu 2019 sind das 30,5 Prozent weniger, 2019 waren es 14.801 Konfirmationen gewesen. „Der Rückgang bei den Konfirmationen hatte (anders als bei den Trauungen und Taufen) nur zu einem geringen Teil mit freier Terminwahl zu tun, denn in vielen Kirchengemeinden fanden die Konfirmationen im letzten Jahr nicht statt“, heißt es bei der Nordkirche. „Sie wurden entsprechend bereits in diesem Frühjahr nachgeholt oder stehen noch in der zweiten Jahreshälfte 2021 an.“
Insgesamt sind laut Statistik aktuell 29,7 Prozent der Gesamtbevölkerung in Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern Mitglied der Nordkirche. 2020 standen 26.524 Austritte (2019: 33.336) 2.046 Aufnahmen inklusive Wiedereintritten (2019: 2.894) gegenüber. Die Nordkirche benennt als einen der Gründe, dass Corona-bedingt vielfach die Anlaufstellen für Wiedereintritte und Austritte nicht zugänglich waren.
Umfrage zu Wegen und Anlässen des Kirchenaustritts
Das Sozialwissenschaftliche Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland hat in der Zeit zwischen Ende März und Ende Mai dieses Jahres eine bundesweite Online-Umfrage zum Thema „Wege und Anlässe zum Kirchenaustritt“ mit insgesamt 1.500 Personen durchgeführt, darunter 500 Personen, die erst in den letzten Jahren, seit 2018, aus der evangelischen Kirche ausgetreten sind.
Konkrete Anlässe sind für lediglich ein Viertel dieser Ausgetretenen ausschlaggebend für ihre Entscheidung zum Kirchenaustritt. An vorderster Stelle stehen die Themen „Kindesmissbrauch“ und „Verschwendung finanzieller Mittel“, die – bezogen auf die Gesamtheit der seit 2018 aus der evangelischen Kirche Ausgetretenen im Rahmen von Mehrfachantworten – jeweils von 10 Prozent genannt werden. Die Unterstützung für Geflüchtete ist nur für etwas mehr als 4 Prozent ein entscheidender Punkt.
Obwohl sich 72 Prozent der Ausgetretenen als kaum oder gar nicht religiös einstufen, beurteilen zugleich 71 Prozent den christlichen Glauben bzw. die christliche Religion als sehr oder zumindest teilweise wichtig für unsere Gesellschaft (kaum oder gar nicht wichtig: 29 Prozent). Diese ersten Studienergebnisse werden voraussichtlich im Herbst um eine detaillierte Auswertung ergänzt.
Gleiche Tendenz beim Erzbistum Hamburg
Auch das Erzbistum Hamburg veröffentlichte Zahlen, die die gleiche Tendenz zeigten. Hier traten 2020 insgesamt 27,1 Prozent weniger Menschen aus. Trotzdem verlor auch die katholische Kirche in Hamburg Mitglieder, 2020 zählte es 386.009 Mitglieder, ein Minus von 1,16 Prozent (4.524 Mitglieder).
Die Nordkirche reagiere bereits auf die rückläufige Entwicklung, sagte Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt und verwies auf einen 2019 angestoßenen Zukunftsprozess: „Die Erfahrung, auch in schwierigen Situationen von Gottes Geist geleitet und inspiriert zu werden, prägt unsere Identität als evangelische Kirche.“ Mit ihrem Zukunftsprozess „HorizonteHoch5“ reagiere die Nordkirche bereits auf die Veränderungen der Kirche, die durch die Corona-Pandemie eine besondere Dynamik erfahren haben.