Gesundheit Wo Menschen ohne Papiere einen Doc finden

An einem Donnerstagnachmittag im April 2013 untersucht die Gynäkologin von „AnDOCken“ Upendo. Sie findet heraus, dass auch diese Schwangerschaft gefährdet ist. Upendo erhält die notwendigen Medikamente und bekommt ihren Mutterpass. Die Praxis organisiert die weitere Betreuung durch einen Facharzt und bereitet die Aufnahme in eine Klinik vor.

 

Die Sprechstunden sind voll

 

Upendo kann nicht einfach zum Arzt gehen. Sie hat keine Krankenversicherung. Wenn herauskommt, dass sie ohne Papiere in Deutschland lebt, muss sie die Abschiebung fürchten. Die Anlaufstelle „AnDOCken“ des Diakonie-Hilfswerks Hamburg besteht seit 2011. Vor einem Jahr bezog sie eigene Praxisräume, unterstützt vom Hamburger Spendenparlament. Zweimal in der Woche ist Sprechstunde.

 

Die beiden Ärztinnen - eine Allgemeinmedizinerin und eine Gynäkologin - und die Sozialberaterin von „AnDOCken“ haben viel zu tun. 443 Männer und Frauen sprachen im vergangenen Jahr in der Praxis in der Bernstoffstraße vor. Im Durchschnitt kommen die Patientinnen fünf bis sechs Mal, viele während ihrer Schwangerschaft. „Unsere Sprechzeiten sind bis an den Rand gefüllt“, sagt Ärztin Nina Schmedt a. d. Günne.

 

Wenn sie ambulant nicht mehr helfen kann, sorgt sie für eine Aufnahme in ein Krankenhaus. Das ist im Notfall gesetzlich dazu verpflichtet zu helfen. Doch die Patienten kehren oft an der Tür wieder um – aus Angst: „Da müssen wir ganz oft nachhaken“, sagt die Allgemeinmedizinerin.

 

Die Zahl der Beratungen hat sich verdreifacht

 

Besonders schwierig ist die Lage für Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes, Hepatitis, HIV - oder mit posttraumatischen Belastungsstörungen. Das Geld für die Medikamente fehlt, es gibt einen Engpass bei der psychotherapeutischen Versorgung. Die Praxis ist auf Spenden angewiesen und auf ein Netzwerk von Kollegen, die kostenlos behandeln.

 

Bei „AnDOCken“ erhalten die Betroffenen nicht nur medizinische Hilfe. Sie können sich auch zu allen Fragen rund um medizinische Versorgung und Krankenversicherung beraten lassen. Die Zahl der Menschen, die diese Beratung in Anspruch genommen hat, hat sich im Vergleich zu 2012 verdreifacht.

 

Upendo hat heute zwei gesunde Mädchen

 

Die Situation für Menschen ohne Papiere habe sich in den vergangenen zwei Jahren zwar verbessert, auch dank der „Clearingstelle“ der Stadt, in der besonders schutzbedürftige Flüchtlinge Hilfe finden, sagt Angela Bähr, Fachbereichsleitung beim Diakonie Hilfswerk Hamburg.

„Doch wir brauchen noch bessere Strukturen, um den Betroffenen zu helfen. Gesundheitsversorgung ist ein Menschenrecht.“

 

Upendo geht es heute gut. Ende Juli 2013 brachte sie ein gesundes Mädchen zur Welt. Sie hat jetzt Papiere und lebt mit ihren beiden Kindern einer eigenen kleinen Wohnung.

 

 

Zu einer Demonstration für eine medizinische Versorgung aller Menschen – unabhängig vom Aufenthaltsstatus und Herkunftsland ruft das „Medibüro Hamburg“ anlässlich des Weltgesundheitstags auf. In dem Netzwerk haben sich rund 160 Ärzte und therapeutische Praxen zusammengeschlossen, die medizinische Hilfe vermitteln.

 

Ort: Hachmannplatz am Hauptbahnhof

Zeit: Montag, 7. April, 17 Uhr