Nachkriegsgeschichte Wo die Kirche schwieg und vertuschte

Bereits mit seiner ersten Studie sorgte Linck für Kontroversen

Hamburg/Kiel - Die evangelische Nordkirche will ihre eigene Nachkriegsgeschichte umfassend aufarbeiten. Schwerpunkt ist dabei der Umgang mit NS-Tätern nach 1945, den Flüchtlingen aus dem Osten und der eigenen Mitverantwortung an der Judenvernichtung.

Der Kirchenhistoriker Stephan Linck soll diese Aufgabe federführend begleiten. Er wurde zum 1. August  als Studienleiter der Ev. Akademie für Erinnerungskultur und Gedenkstätten eingestellt, wie die Akademie  mitteilte. Zu seinen Aufgaben zählt neben der wissenschaftlichen Arbeit und der Vernetzung mit Gedenkstätten die Gestaltung einer Wanderausstellung, die im Januar 2016 in Hamburg vorgestellt und danach in Gemeinden gezeigt werden soll.

Der Umgang mit der NS-Vergangenheit sei in den vier Landeskirchen Schleswig-Holstein, Hamburg, Lübeck und Eutin von "Uneinsichtigkeit und Schweigen" geprägt gewesen, heißt es in der Ankündigung. Themen der Ausstellung sind daher unter anderem "NS-Täter im Schutz der Kirche", "Streit um Schuld und Mitverantwortung", "Antisemitismus" und "Antikommunismus".

Für 2016 ist der zweite Teil der Studie geplant

Linck hatte Ende 2013 im Auftrag der Kirchenleitung eine Studie unter dem Titel "Neue Anfänge? Kirche, Christen und Juden nach 1945" publiziert. Diese stellt die Geschichte der evangelischen Kirche in Hamburg und Schleswig-Holstein von 1945 bis Mitte der 60er Jahre dar. Das Werk hatte zu einer heftigen Kontroverse um den Holsteiner Bischof Wilhelm Halfmann (1896-1964) geführt.

Halfmann war während der NS-Zeit prominentes Mitglied der nazi-kritischen "Bekennenden Kirche" im Norden, vertrat aber auch nach 1945 noch antisemitische Positionen. Eine Gruppe von Ruhestandspastoren um den ehemaligen Lübecker Bischof Karl Ludwig Kohlwage hatte eine positivere Würdigung Halfmanns gefordert.

Derzeit arbeitet der promovierte Historiker Linck im Auftrag der Kirchenleitung an dem zweiten Teil der Studie, die den Zeitraum bis Mitte der 80er Jahre umfasst. Für Diskussionen könnte der Umgang der Kirchenspitze mit politisch engagierten Pastoren aus der 68er Bewegung sorgen. Im kommenden Jahr soll das Buch erscheinen.