Demenz Wo Angehörige Unterstützung finden

Unterstützen Pflegende: Gabriele Schröder und Daniela Schlögl (re.)

Hamburg - Rund 70 Prozent der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland werden von Angehörigen versorgt. Keine leichte Aufgabe. Gabriele Schröder und Daniela Schlögl von der Hamburger Angehörigenschule stehen ihnen zur Seite. Manchmal kann schon ein Anruf entlasten

160 Kurse bietet die  Hamburger Angehörigenschule im Jahr an, an 28 Standorten – und kostenlos. Die Inhalte sind vielfältig. Manche Kurse klären auf, zum Beispiel über die Pflegeversicherung. In anderen üben Teilnehmer Praktisches: Wie man jemandem zu trinken gibt, der eine Schluckstörung hat. Oder was man beachten muss, wenn ein Mensch bettlägerig ist.

Die Kursteilnehmer sind in der Regel zwischen 17 und über 80 Jahre alt, sie sind Enkel, Geschwister, Partner. „Wir ermutigen sie, ihre Grenzen zu erkennen und ein Netzwerk aufzubauen“, sagt Leiterin Gabriele Schröder. Dazu gehört zum Beispiel, Nachbarn zu fragen, ob sie einspringen möchten, wenn ein pflegender Angehöriger zum Sport möchte. Oder einen Freiwilligen über den Besuchs- und Begleitdienst der Diakonie „SeniorPartner“ zu engagieren. Vielleicht ist auch eine Tagespflege geeignet. Schröder: „Niemand kann rund um die Uhr pflegen.“

Das neue Demenz-Sorgentelefon

Zwei Drittel der Kurse der Hamburger Angehörigenschule beschäftigen sich mit dem Thema Demenz. Für einen Angehörigen ist die Betreuung eines Menschen mit Demenz ein „Marathon“, sagt Schröder.  „Wer sich nicht rechtzeitig Unterstützung holt, gerät schnell an die Grenze der Belastbarkeit.“ Um dem entgegenzuwirken, hat die Diakonie-Stiftung MitMenschlichkeit das neue Demenz-Sorgentelefon eingerichtet. Von montags bis freitags zwischen 9 und 12 Uhr ist es besetzt.

Gabriele Schröder und ihre Kollegin Daniela Schlögl nehmen sich Zeit – auch für Gefühle wie Wut, Trauer oder Erschöpfung. Sie hören zu, strukturieren und schlagen vor, wie es Schritt für Schritt weitergehen kann. „Jeder Mensch will sich geliebt, gebraucht und sicher fühlen“, sagt Schröder. Wenn der Anrufer es wünscht, kann die Familie auch zu Hause beraten werden.

Häufig gebe es viel mehr Unterstützung, als den Pflegenden bekannt sei, weiß Pflegeberaterin Schlögl. Stundenweise die Betreuung an einen professionellen Dienst abzugeben, ist ebenso möglich, wie für Menschen mit Demenz eine Pflegestufe zu beantragen.

Wenn Demenz ein Tabuthema ist

Dazu muss die Krankheit jedoch diagnostiziert sein. Manchmal wird auch eine Altersdepression fälschlicherweise für eine beginnende Demenz gehalten. Nicht selten treten beide Erkrankungen gemeinsam auf. Die Depression könne gut behandelt werden, sagt Schröder.

Wenn der Hausarzt nicht weiterhelfen kann, überweist er in der Regel an die Gedächtnissprechstunde einer Klinik. Angehörige müssten aber auch akzeptieren, wenn sich ein Betroffener nicht mit der Krankheit beschäftigen möchte.

Die Expertinnen ermutigen pflegende Angehörige, ihren Hobbies nachzugehen, sich Oasen zu schaffen, in denen sie Kraft tanken – und sich ihrer Situation zuhause auch wieder gewachsen fühlen. Positiver Nebeneffekt: „Eine gute Stimmung überträgt sich.“ Wenn es gelinge, die eigenen Bedürfnisse und die des Betroffenen in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen, könnten intensive Beziehungsmomente entstehen. Schröder: „Dann beginnt man, die Zeit miteinander zu schätzen.“

1. Hamburger Tag der pflegenden Angehörigen
Zeit: Dienstag, 17. November, 17.30 bis 20.30 Uhr
Ort: Dorothee Sölle Haus, Königstraße 54 in Altona

Mit dem Impro-Theater DIE SPIELER. Anmeldung bis 2. November unter t.hell@diakonie-hamburg.de oder telefonisch unter 040/30 62 02 95