Am Sonntag in St. Petri werden sie singen, rappen, tanzen und beatboxen. 60 junge Chorsänger aus Volksdorf, Trittau und der City. Und sie werden tun, was Luthers Anhänger zu seiner Zeit in katholischen Messen taten: Die Predigt unterbrechen, wenn ihnen etwas quer kommt.
Auf der Kanzel wird Johanna Haberer stehen, die bundesweit bekannte Theologin und Publizistin. Sie hat das Projekt „Mutchristen“ gemeinsam mit Kreiskantorin Barbara Fischer im Kirchenkreis Hamburg-Ost entwickelt.
Luthers "Propagandatrompete"
Im Mittelpunkt: der Choral „Nun freut Euch liebe Christen g’mein“ von 1523, Luthers „Propagandatrompete der Reformation“, wie Johanna Haberer sagt.
Der Reformator und Popstar des Mittelalters, ließ den Choral auf Flugblätter drucken. Bänkelbarden und Straßenkünstler sangen ihn. So verbreitete er sich in radiolosen Zeiten.
Die Initiatorinnen fragten sich: Wie kommt ein Gassenhauer wieder auf die Straße? Fischer und Haberer holten Experten an Bord: Einen Rapper, einen Beatboxer, eine Choreografin, einen Arrangeur. Weitere Chorleiter beteiligten sich mit ihren Ensembles.
Der Beat kommt aus dem Mundwerk
Aus dem fast 500 Jahre alten Choral entwickelten sie einen Rap mit Moves und Rhythmen, die aus dem Mundwerk kommen. Ohne großen Aufwand können die „Mutchristen“ auftauchen und performen.
Der Text spricht von dem, was Jugendliche bewegt: Die Lust am Leben, Ungewissheiten, Zukunftsängsten. Doch passt der Teufel, an den Luther glaubte, in unsere Gegenwart? „Die Teufel von heute sind die Zeit und das Geld“, sagt Ally (17). „Beides beherrscht die Menschen auf eine negative Art und Weise.“
Nach der Uraufführung am Sonntag soll der Song als Smartmob überall in der Stadt und auf dem Kirchentag in Berlin zu hören sein. „So bringen die Sängerinnen Luthers Ideen zeitgemäß unters Volk“, sagt Barbara Fischer.
Doch das ist nicht alles. Ally hat durch das Projekt erfahren, dass es nicht ohne ist, zu singen und dabei zu tanzen. Sie hat neue Freunde gewonnen. Und sie hat sich mit in einer 500 Jahre alten Gedankenwelt verknüpft. Was ist aus ihrer Sicht die Quintessenz des Chorals? „Keiner sollte einen daran hindern, das zu tun, was man möchte und liebt.“
Die Mutchristen – Uraufführung im Gottesdienst
Zeit: Sonntag, 21. Mai, 10 Uhr
Ort: Hauptkirche St. Petri, Mönckebergstraße