In der Baugrube steht ein Bagger, tiefe Rillen hat er in den Sand gedrückt. Hier und dort ragen blaue Rohre aus dem Boden. Sie sollen später Erdwärme ins Gebäude transportieren. An 38 Stellen auf dem 6.000 Quadratmeter großen Gelände sind die Sonden verteilt. Sie reichen rund 50 Meter in die Erde.
Mit der Energie aus der Tiefe sollen Büros, Kantine, Säle und die Kapelle für die rund 200 Mitarbeitenden des Kirchenkreises gewärmt und gekühlt werden. Wie das geht? In der Tiefe herrscht eine Temperatur von 8,5 bis 13 Grad Celsius. Die heizt ein Wasser-Solegemisch auf. Die Wärme, die dadurch entsteht, wird über einen geschlossenen Kreislauf ins System eingespeist.
Damit die Raumtemperaturen im Sommer wie im Winter stimmen, braucht man eine Pumpe, die erhitzen und kühlen kann, erklärt Ingenieur Jens-Uwe Kühl vom beauftragten Büro aus Rostock. Der dafür benötigte Strom wird zum Teil aus einer Photovoltaikanlage auf dem Dach kommen.
Die beste Kombination
Kühl und sein Ingenieurbüro für Energie und Umwelt haben bereits über 1.500 solcher Geothermie-Anlagen geplant und begleitet. „Diese Kombination ist das Beste, was man machen kann“, sagt er. Sollte die Wärmeleistung im Winter nicht reichen, kann noch eine Gasheizung hinzugeschaltet werden.
Der Kirchenkreis hat wie die gesamte Nordkirche das Ziel, bis 2050 CO2-frei zu sein. Geothermie zu nutzen, ist nachhaltig. „Die in der Erde gespeicherte Wärme ist nach menschlichem Ermessen unerschöpflich“, sagt Kühl.
Je tiefer man ins Innere der Erde vorstößt, desto heißer wird es. Nach der Probebohrung ist man in Niendorf allerdings bei einer Tiefe von 50 Metern geblieben. Die Angst, in der Hölle zu landen, dürfte dabei kaum eine Rolle gespielt haben.
Höllische Schreie
Das war bei der bislang tiefsten Bohrung auf der russischen Kola-Halbinsel anders. Je tiefer sie kamen, desto deutlicher glaubten die Forscher entsetzliche Schreie aus dem Inneren der Erde zu hören. In zwölf Kilometern Tiefe stoppten sie 1989 das Experiment.
Später entpuppte sich die Geschichte als Medienente – jedoch mit nachhaltiger Wirkung. So tief wurde nie wieder gebohrt, auch der hohen Kosten und des Zeitaufwands wegen: Mehr als 18 Jahre brauchten die russischen Geologen dafür.
In Niendorf blieb man auch der Wasserleitungen wegen näher an der Oberfläche. Und: Das neue Gebäude des Kirchenkreises soll bis Ende 2018 fertig sein.