Von Liebe, Lotsen und Rabbinerstreit

Michael Batz und Igor Zeller (re.) auf dem Jüdischen Friedhof Altona

Der Jüdische Friedhof in Altona gilt als eines der beeindruckendsten Kulturdenkmäler Deutschlands. Erst im Juni wurde er als eins von sieben deutschen Projekten in die Liste für künftige Nominierungen zum UNESCO-Kultur- und Naturerberbe aufgenommen. Wer waren die Menschen, die hier zwischen 1611 und 1873 beerdigt wurden?

Ihrem Gedenken ist das Stück „An den Wassern Altonas“ gewidmet, das am Sonntag uraufgeführt wird. Anlass ist das 350jährige Stadtjubiläum Altonas. Igor Zeller, Komponist und Kantor an der Christianskirche in Ottensen, über das Werk, das er gemeinsam mit Autor Michael Batz geschaffen hat.

Was erwartet die Besucher am Sonntag?
Das Stück ist eine poetisch-musikalische Annäherung. Chor, Gesangs- und Instrumentalsolisten gestalten sie gemeinsam mit zwei Sprechern. Gesprochene Passagen und Musik wechseln sich ab, manchmal fließt beides ineinander. Die Musik soll die Zuhörer unmittelbar erreichen und nicht nur etwas für Spezialisten sein.

Michael Batz hat sich beim Schreiben von den Grabinschriften anregen lassen. Was war Ihre Inspirationsquelle?
Ich habe viele traditionelle Lieder gehört. Zwei davon ziehen sich thematisch durch das Stück. Unser Auftrag war, ein Werk zu schreiben, dass auch für Laien aufführbar ist.

Ist „An den Wassern Altonas“ ein Requiem?
Das Stück ist eine Annäherung an die Toten: Wir erinnern uns an ihr Leben, besinnlich und traurig, aber auch augenzwinkernd und überschäumend. Liebeslieder kommen darin vor und ein Lotsenlied. Gestritten wird auch, etwa unter Rabbinern.

Sie setzen unter anderem die Klarinette ein, die man aus der Klezmermusik kennt.
Ja, aber wir wollten nicht, dass die Klezmer-Folklore dominiert. Neben Gitarre, Flöte, Geige, Cello und Schlagwerk kommt auch die Orgel zum Einsatz, als christliches Kultinstrument.

Ist ein rein christliches Gedenken nicht anmaßend, wenn es um jüdische Geschichte geht?
Klar, das ist ein schwieriges Terrain. Doch Kultur besteht ja fast immer aus Übernahmen: Wir singen auch Gospels, die Musik der amerikanischen Sklaven, und beten in unseren Gottesdiensten die Psalmen des Alten Testaments. Uns war wichtig, uns an die jüdische Geschichte Altonas zu erinnern, als Teil unserer christlichen Gedenkkultur. Wir wollen die Menschen würdigen, die an diesem Ort lebten.

An den Wassern Altonas

Sequenz zum jüdischen Friedhof
Von Michael Batz (Text) und Igor Zeller (Musik)
Im Auftrag des Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreises Hamburg West-Südholstein

Zeit: Sonntag, 31. August 2014, 18 Uhr
Ort:
 Hauptkirche St. Trinitatis Altona, Kirchenstraße 41
Eintritt frei, Spende erbeten

Mit:
Sprecher: Michael Prelle, Anne Weber
Sopran: Geraldine Zeller, Bariton: Igor Zeller
Chöre der Christianskirche Ottensen
und Instrumentalsolisten

Davor: Rundgang über den Jüdischen Friedhof, 16 Uhr, gegenüber der Kirche, Königstraße 10a, mit Irina v. Jagow, Stiftung Denkmalpflege Hamburg, Königstraße 10 a, www.eduard-duckesz-haus.de