Wie kommt es nur, dass mich gar nichts in die Ferne zieht, jetzt, wo ich Zeit und Gelegenheit habe und es mir auch leisten könnte? Seit zwei Wochen bin ich pensioniert. Und nun sitze ich an heißen Sommertagen auf meiner noch kühlen Terrasse und kann mir nichts Schöneres vorstellen als genau das. Ich bin ganz zuhause, ganz bei mir zuhause. Der heilige Benedikt nennt das habitare secum“. Ich stimme ihm vollkommen zu.
Was fände ich an überfüllten Stränden, an all den vielen Orten, die man angeblich gesehen haben muss. Manche von ihnen habe ich mir angeschaut. Es waren Momente des Staunens und der Bewunderung dabei, durchaus. Nur – standen diese Momente in einem stimmigen Verhältnis zu dem Aufwand an Zeit, Energie, Geld? Eher nicht. Die Bestätigung dieser Erfahrung liefert der Autor Dietmar Bittrich. Sein neues Buch heißt: 1000 Orte, die man knicken kann.“ Ich lese es, von Lachanfällen geschüttelt.
Bittrich ist viele Jahre als Reisebegleiter eines Kreuzfahrtunternehmens durch die Welt gedüst und nimmt sowohl die Reisenden als auch die Einheimischen unter die Lupe – falls man denn überhaupt mit denen zusammentrifft. Seine Sicht der Dinge – und der Menschen – ist umwerfend. Am Ende eines jeden Kapitels lässt er bekannte Persönlichkeiten zu Worte kommen. Kostprobe gefällig? Das sagt Schauspielerin Judy Dench über London: "Wenn man hier nicht wohnt und nie herkommt, geht es."
Oder der Kollege Marcello Mastroianni über Rom: "Man muss Rom nicht kennen, um es zu hassen. Aber es hilft enorm." Passgenau auch der Rat von Camilo Jose Cela, Literaturnobelpreisträger: "Ich empfehle ihnen die Küste Andalusiens zwischen Malaga und Torremolinos. Sie werden ein für allemal vom Reisen geheilt sein." - Weitere Fragen? Gönnen Sie sich das Vergnügen, selbst weiterzulesen. Vielleicht auf einer schattigen Terrasse an einem heißen Sommertag.
Buchtipp:
Dietmar Bittrich: 1000 Orte, die man knicken kann
Rowohlt - Taschenbuch, 208 S., Preis: 8,95 Euro
ISBN 978-3-499-62626-5
mk (www.kirche-hamburg.de)