Zivildienst in der Begegnungsstätte Treffpunkt gegen soziale Isolation

Zum Beispiel Rita *), eine Frau, die ich in der Begegnungsstätte kennen gelernt habe. Sie war lange Zeit Werbefachfrau bei einer großen Tageszeitung. Vor 20 Jahren wurden in dieser Branche etliche Stellen abgebaut und viele Journalisten und Angestellte bei der Zeitung verloren ihren Job – Rita war eine von ihnen. In den folgenden Jahren bemühte sie sich immer wieder um eine neue Stelle, ohne Erfolg.

 

Heute lebt sie von einer kleinen Rente und leidet an Depressionen. „Gemünzte Freiheit“, sagt Rita immer zu mir. Damit will sie mir deutlich machen, dass viel Geld eben nicht glücklich macht, aber ein bisschen Geld doch Freiheit schenkt.

*) Name von der Redaktion geändert


Verfolgungsangst oder soziale Isolation

Solche Schicksalsschläge können einen Menschen ganz plötzlich treffen und zu einer existentiellen Belastung werden. Das geht bis zur psychischen Erkrankung. Der Betroffene beginnt sich Löcher zu graben, aus denen er nur sehr schwer wieder herauskommen kann. Manche können am Ende unter Verfolgungsängsten oder sozialer Isolation leiden.

 

Immer mehr konnte ich in bei den gemeinsamen Essen und Gesprächen erfahren, dass unsere Bilder im Kopf über die Besucher einfach an der Realität vorbei gehen. Ich finde es ungerecht, wenn manche behaupten, dass arme Menschen ungebildet oder Schuld an ihrer Armut sind. Oft sind es Schicksalsschläge, die dazu führen, dass jemand seinen Arbeitsplatz und sein Einkommen verliert.

 

Berührungsängste gab es in den drei Monaten erfreulicherweise wenig. Ich wurde sofort nett aufgenommen, auch wenn ich anfangs vor allem der Zivildienstleistende für sie war. Ich setzte mich an den ersten Tisch und kam mit zwei älteren Herren sofort ins Gespräch. Sie berichteten aus ihrer Jugendzeit, kamen dann über das Preußische Reich zu Bismarcks Zeiten schließlich auf die deutsche Einheit. Es war wie erzählte Geschichte.

 

Allmählich lernte ich viele der rund 40 Menschen kennen, welche in der Begegnungsstätte ein und aus gingen. In der Rommé-Runde wird jetzt der dritte Spieler fehlen. Mich hat die Zeit zumindest in meiner Berufswahl bestärkt. Künftig möchte ich im sozialen Bereich arbeiten.

 

mk (www.kirche-hamburg.de)

 

Der Autor Tim Krüger (21) hat bis Mai seinen Zivildienst im Haus der Kirche und in der Begegnungsstätte in Niendorf geleistet. Die Begegnungsstätte ist eine Einrichtung des Diakonischen Werks Hamburg-West/Südholstein.

 

Diakonisches Amt – Begegnungsstätte Niendorf

Max-Zelck-Straße 1

22459 Hamburg

Tel. 5 89 50-1 50

Öffnungszeiten

Mo und Do 11.00 bis 14.30 Uhr mit Mittagessen