Nicht am Ort des Verbrechens in Rothenburgsort, sondern im Neubaugebiet Schnelsen-Burgwedel wurden auf Beschluss des Ortsausschusses Hamburg-Lokstedt 1991 die Straßen nach den ermordeten Kindern vom Bullenhuser Damm benannt. Für die evangelische Kirchengemeinde Schnelsen und viele Bürger und Bürgerinnen war das der Beginn einer intensiven und langfristigen Erinnerungsarbeit, die heute fester Bestandteil der Stadtteilkultur ist.
Seit rund 24 Jahren wird die Geschichte der ermordeten Kinder in unterschiedlichen Ausstellungen, Konzerten und Lesungen der Kirchengemeinde aufgegriffen. Junge Menschen diskutieren im Konfirmandenunterricht und in der Kinder- und Jugendarbeit des dazugehörigen Christophorushauses über das Geschehene. Und Schüler der vierten Klassen aus den drei Grundschulen des Stadtteils beteiligen sich regelmäßig aktiv am offiziellen Gedenktag. "Das alles ermöglicht eine Kontinuität des Erinnerns“, berichtet Peter Hahn, Pastor der Kirchengemeinde Schnelsen-Burgwedel. „Die Geschichte der Kinder vom Bullenhuser Damm hat sehr viele Menschen im Stadtteil berührt und unser Miteinander in Schnelsen geprägt."
"Stunde des Erinnerns" und Ausstellung
Das zentrale Ereignis des Gedenktages am 20. April in Schnelsen ist die „Stunde des Erinnerns“ um 12 Uhr auf dem Roman-Zeller-Platz, der auch den Namen eines der ermordeten Kinder trägt. Dann kommen Mitwirkende, Menschen aus dem Stadtteil sowie angereiste Angehörige der ermordeten Kinder zusammen und stehen gemeinsam vor dem "Mahnmahl für die Kinder vom Bullenhuser Damm". Hier stehen alle 20 Namen der ermordeten Kinder und ein Bronzerelief des russisch-jüdischen Künstlers Leonid Mogulevski, das ihre Porträts darstellt. Das Denkmahl wurde auf Initiative der Bürger in Schnelsen 2001 errichtet und – auch das ist bezeichnend – über Spenden finanziert.
Peter Hahn hat sich wie viele Menschen in Schnelsen mit den kurzen Leben der Kinder und dem ihrer Mörder auseinandergesetzt. Es sei vor allem der Spurensuche und dem Engagement des Journalisten Günther Schwarberg und seiner Frau Barbara Hüsing zu verdanken, dass die Morde an den Kindern ans Licht gekommen seien. Schwarbergs Artikelserie im Magazin Stern informierte 1979 die Öffentlichkeit erstmals über dieses Nazi-Verbrechen – und rüttelte das Gewissen der Stadt auf.
Aufgaben: Geschichte heute gestalten
Durch die Erinnerungsarbeit in Schnelsen-Burgwedel konnte Peter Hahn auch zahlreiche Angehörige aus vielen Ländern der Welt näher kennenlernen. Er ist dankbar für diese Begegnungen. Sie helfen ihm, den eigenen Blick auf das zu schärfen, was in unserem Land vorgeht. "Es geht nicht nur um das Erinnern", meint er. "Vielmehr mahnt die Botschaft der ermordeten Kinder zu einer Willkommenskultur für Fremde und Flüchtlinge. Denn es bleibt eine Aufgabe und Chance, unsere Geschichte zu gestalten – gerade hier vor Ort."
- - - -
Veranstaltungen:
Tag des Gedenkens in Schnelsen am 20. April
in der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Schnelsen
Ort: Christopherushaus (Anna-Susanna-Stieg 12)
- 11.30 Uhr Sternmarsch zum Roman-Zeller-Platz
- 12.00 Uhr Beginn der Gedenkveranstaltung
- 12.45 Uhr Andacht für Kinder und Eltern in der Kita Christophorushaus
Ausstellung "Der gelbe Stern"
mit Bildern und Texten zum Leben und zur Verfolgung jüdischer Menschen in Deutschland in der Zeit von 1900 bis 1945
Zeit: 20. April bis 9. Mai 2015
Ort: Christopherushaus (Anna-Susanna-Stieg 12)
Öffentliche Gedenkfeier
mit Sozialsenator Detlef Scheele und Bischöfin Kirsten Fehrs
Zeit: 20. April, 18 Uhr
Ort: Turnhalle der Schule am Bullenhuser Damm
- - - -
Gedenkstätte Bullenhuser Damm
Bullenhuser Damm 92, Hamburg (S-Bahnhof Rothenburgsort)
Öffnungszeiten: Sonntags 10 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung für Gruppen.
Der Rosengarten ist immer geöffnet.
http://www.kinder-vom-bullenhuser-damm.de/