Die tiefe Gemeinsamkeit zeige sich konkret in der ökumenisch getragenen Flüchtlingshilfe, ergänzte der katholische Erzbischof Stephan Heße. Die beiden Spitzentheologen waren erstmals zu einem öffentlichen Gespräch über die Ökumene zusammengekommen.
Kritisch merkte Ulrich lediglich an, die katholische Kirche sollte Frauen den Zugang zum Priesteramt ermöglichen. An der katholischen Kirche schätze er, wie feierlich sie ihre Gottesdienste zelebrieren könne. Ein wenig neidisch sei er, dass das Wort des Bischofs bei den Katholiken so starkes Gewicht habe, fügte er humorvoll hinzu.
Heße lobte die Wertschätzung, die Protestanten der Heiligen Schrift entgegenbrächten. Die Stellung der Priester und des Papstes seien Fragen, die die Kirchen derzeit "schmerzlich trennen". Beide Seiten sollten für die nahe Zukunft jedoch nichts erwarten, was nicht erreichbar ist.
Kritik an den eigenen Kirchen
Kritischer äußerten sich die beiden Theologen über ihre eigene Kirche. Wenn nur drei Prozent der Kirchenmitglieder regelmäßig einen Gottesdienst besuchen, sei dies zu wenig, beklagte Ulrich. Viele Christen hätten Schwierigkeiten, über ihren Glauben zu sprechen. "Religiöser Analphabetismus" behindere auch den christlich-islamischen Dialog. Ulrich: "Dialogfähig ist nur, wer seine eigenen Wurzeln kennt."
Auch Amtsbruder Heße beklagte, dass in den Gemeinden vor allem über Geld, Räume und Personal gesprochen werde. Statt des biblisch gebotenen "ein Herz und eine Seele" erlebe er hier häufig "Hauen und Stechen". Es genüge auch nicht, wenn die Gemeinden ihre Türen öffneten. "Wir müssen auch heraustreten." Gemeinden hätten vor allem die Aufgabe, Christus in das Zentrum des Lebens zu rücken - "alles andere ist Zutat." Heße: "Das Geistliche darf nicht die fromme Soße sein, die wir darüber kippen."
Einig waren sich Ulrich und Heße, dass das Engagement für Flüchtlinge ein wichtiger Beitrag der Kirchen für die Integration sei. Flüchtlingshilfe sei "gelebtes Zeugnis aus dem Glauben", sagte Ulrich. Bei vielen Menschen würden aber auch die Ängste zunehmen. Viele Flüchtlingsgegner würden sich in Deutschland offenbar "heimatlos" fühlen. Viele hätten keine Arbeit und fühlten sich überflüssig.
Die Flüchtlinge würden auch die Kirchen verändern, sagte Heße, der Flüchtlingsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz ist. Es seien rund eine Million Menschen nach Deutschland gekommen, bei denen die Religion einen höheren Stellenwert hat als bei Deutschen.