Dass es nicht zu Krawallen wie in London komme, liegt dem Forscher zufolge daran, dass die meisten Jugendlichen ohne Schul- und Berufsausbildung in Deutschland das Gefühl hätten, "der Staat kümmere sich um sie". Auch wenn viele Jugendliche in subkulturellen Strukturen lebten, würden sie "noch immer irgendwie, zum Beispiel durch Streetworker, erreicht".
80 Prozent sind optimistisch
Die bessergestellten und gebildeten Jugendlichen sähen derzeit keinen Grund zum Protest, sagte Hurrelmann. "Bei unserer letzten Studie im Jahr 2010 beurteilte die überwältigende Mehrheit von fast 80 Prozent der deutschen Jugendlichen ihre Situation ausgesprochen optimistisch." Das könne sich ändern, wenn es zu einer erneuten Arbeitsmarktkrise komme.
Eine "Gefährdung unserer demokratischen Kultur" sieht der 67-Jährige darin, dass die Verbindung zwischen den politischen Parteien und der Jugend abgerissen sei. Es fehle der Transportriemen zwischen den Interessen der Jugend und den politischen Parteien.
Hurrelmann gilt als einer der führenden Jugendexperten und leitete drei Mal die Shell-Jugendstudie. Nach fast 30 Jahren an der Universität Bielefeld forscht Hurrelmann seit 2009 an der privaten Hertie School of Governance in Berlin.
Hinweis: Das Interview wurde epd vorab zur Verfügung gestellt. Das vollständige Interview erscheint am 1. Sept. in der Wochenzeitung "Die Zeit".