Am Sonntag, den 26. September, ist Bundestagwahl. Die Diakonie hat im Vorfeld sieben Forderungen an die neue Bundesregierung veröffentlicht. Kirche-hamburg.de hat Hamburger Kandidat*innen von CDU, SPD, Die Grünen, Die Linke, FDP und AfD zu den Forderungen befragt. In sieben Teilen stellen wir hier die Antworten der Parteien vor. Heute ist Forderung Nummer 5 dran: „Eine ganzheitliche Pflegereform umsetzen und das Gesundheitssystem stärken!“
Kirche-hamburg.de: In der Corona-Pandemie wird deutlich, wie wichtig es ist, dass die gesamte Bevölkerung Zugang zum Gesundheitssystem hat. Die Diakonie fordert deshalb einen bundesweiten Rahmen für die Schaffung guter regionaler Versorgungsstrukturen, die auch zur Verringerung gesundheitlicher Ungleichheit beitragen. Welche Schwerpunkte setzen Sie?
Christoph Ploß, Spitzenkandidat der CDU, Direktkandidat für Hamburg-Nord/Alstertal: „Unser Ziel einer umfassenden Versorgung erreichen wir vor allem mit einer besseren Vernetzung der Akteure durch mehr Digitalisierung, den Erhalt der bewährten Selbstverwaltung, der freien Arzt- und Therapiewahl und dem Zusammenspiel von privaten und gesetzlichen Krankenversicherungen. Der Datenschutz muss in erster Linie das Wohl der Patienten in den Blick nehmen.
Mit der Pflegereform haben wir Pflegebedürftige durch die Deckelung der Eigenbeteiligung entlastet. Ein einheitlicher Personalschlüssel und die Tarifbindung sorgen für bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege, auch um mehr Fachkräfte zu gewinnen. Die Pflegekassen erhalten dafür zusätzlich rund 1,4 Milliarden Euro pro Jahr.“
Matthias Bartke, Kandidat der SPD (Landeslistenplatz 4), Direktkandidat für Hamburg-Altona: „Alle müssen sich darauf verlassen können, dass sie unabhängig von Einkommen und Wohnort die beste medizinische und pflegerische Versorgung bekommen. Die SPD will daher eine Bürgerversicherung. Wir wollen die Kommerzialisierung im Gesundheitswesen beenden, denn sie wirkt sich negativ auf die Versorgung und die Arbeitsbedingungen aus. Das System der Fallpauschalen werden wir auf den Prüfstand stellen, die Pauschalen überarbeiten und wo nötig abschaffen.
Wir wollen außerdem eine solidarische Pflegevollversicherung einführen, die die Pflegekosten vollständig übernimmt.“
Katharina Beck, Spitzenkandidatin der Grünen, Direktkandidatin für Hamburg-Nord/Alterstal: „Es muss einen Paradigmenwechsel geben. Der Trend zur Privatisierung hat zu einer Übertreibung effizienzgeleiteten Denkens geführt und aus dem Blick verloren, worum es eigentlich geht, nämlich Menschlichkeit. Das Gesundheitssystem sollte wieder als Daseinsvorsorge verstanden werden und nicht sekundengenaue Zeitkontingente die Arbeit am Menschen dominieren. Wir wollen daher z.B. die Fallpauschalen abschaffen und das Vorsorgeprinzip stärken. Im Bereich der Pflege fordern wir eine 35-Stunden-Woche und gerechtere tarifliche Entlohnung auch über den Mindestlohn hinaus. Außerdem setzen wir uns für eine Bürger*innenversicherung ein, damit das Zweiklassensystem in der Gesundheit endlich ein Ende hat.“
Zaklin Nastic, Spitzenkandidatin der Linken, Direktkandidatin für Hamburg-Eimsbüttel: „Wir setzen uns für eine einheitliche Gesundheitsversorgung aller Menschen auf höchstem Niveau ein. Die Differenzierung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung wollen wir abschaffen und durch eine solidarische Gesundheitsversicherung, in die ALLE einzahlen, ersetzen. Wir müssen das Gesundheitswesen, allen voran Krankenhäuser, von profitmaximierenden Motiven befreien und entprivatisieren. Wir wollen hierfür die Fallpauschalen zu Gunsten einer am Gemeinwohl orientierten, bedarfsdeckenden Finanzierung ersetzen. Wir möchten in den Krankenhäusern 100.000 neue Pflegestellen einstellen, außerdem das Grundgehalt um 500 Euro erhöhen.“
Wieland Schinnenburg, Direktkandidat der FDP für Hamburg-Wandsbek: „Wir wollen allen Menschen eine wohnortnahe und qualitativ hochwertige medizinische Versorgung sichern. Zugleich wollen wir die Chancen des medizinischen und digitalen Fortschritts nutzen und das Gesundheitssystem an die demographische Entwicklung und an mögliche zukünftige Pandemien anpassen. In der Pflege möchten wir Bürokratie abbauen und Robotik zur Unterstützung der Pflegekräfte einsetzen, damit diese von schwerer körperlicher Arbeit entlastet werden und mehr Zeit für die pflegebedürftigen Menschen haben. Ein Augenmerk gilt auch den pflegenden Angehörigen, denen wir zur Entlastung mehr Kurzzeitpflegeplätze und eine verbesserte ambulante Unterstützung zur Verfügung stellen möchten.“
Bernd Baumann, Spitzenkandidat der AfD, Direktkandidat für Hamburg-Altona: „Die AfD fordert eine leistungsgerechte angemessene Bezahlung der Pflegekräfte über einen Flächentarifvertrag mit steuerfreien Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschlägen. Zudem fordert sie eine bundeseinheitliche gesetzliche Personaluntergrenze für Pflegeeinrichtungen mit einer Pufferregelung bei deren kurzzeitiger Unterschreitung und regelmäßige Überprüfung der Ergebnis- und Abrechnungsqualität in Pflegeeinrichtungen. Außerdem will die AfD die Förderung und Finanzierung der Ausbildung zur Pflegefachkraft stärken – und nicht nur der Pflegehilfskräfte über das Jobcenter.“
Forderung der Diakonie im Detail: https://www.diakonie.de/bundestagswahl-2021/pflegereform-umsetzen-gesundheitssystem-staerken
Lesen Sie morgen die Antworten der Parteien-Vertreter*innen auf die Diakonie Forderung Nummer 6: „Demokratie und Engagement fördern und der Spaltung der Gesellschaft entgegentreten!“