Hamburger Ausstellung "Böse Dinge" Skurrile Kunst reizt Geschmacksnerven

Tatsächlich hält das Museum eine Tauschbörse bereit, in der sich Besucher gegen Abgabe eines Mitbringsels mit einem neuen Fundstück eindecken können.

 

Zu sehen sind Dürers Hase aus vergoldetem Kunststoff und "Der Schrei" von Edvard Munch kann als Puppe aufgeblasen werden. Kitsch macht auch vor Religion nicht halt: Madonnen aus Plastik, Papst Benedikt XVI. auf dem Schmuck-Ei und die Moschee als bunter Wecker.

 

Augenzwinkernd ist die Anspielung auf eine seit 100 Jahren laufende Debatte, ob guter Geschmack den Menschen auch moralisch besser machen könne. Diese Ausstellung konfrontiert die Besucher jedenfalls mit dem geballten Gegenteil. Von provozierend bis gut gemeint.

 

Geschichte des schlechten Geschmacks

Der Kunsthistoriker Gustav Edmund Pazaurek (1865-1935) eröffnete bereits 1909 im Stuttgarter Landesmuseum eine "Abteilung der Geschmacksverirrung", mit der er exakt definieren wollte, was schlechter Geschmack ist. Das Hamburger Museum zeigt u.a. rund 60 dieser Stuttgarter Exponate mitsamt der Bewertung und stellt sie moderner Kitsch-Kunst gegenüber.

 

Eine Auswahl in der Mitte der Ausstellung zeigt, was heute als "Böse Kunst" gelten könnte: ein ausgestopfter Waschbär als Deko auf einem Holzwagen, ein Portemonnaie aus einer getrockneten Aga-Kröte oder ein rosa "Teletubby" mit gesundheitsschädlichen Weichmachern. "Penis-Puschen" gelten als sexistisch und "Negerküsse" als rassistisch.

 

Der 1907 gegründete Deutsche Werkbund, aus dem sich das Berliner "Museum der Dinge" entwickelte, hatte es sich bis in die Nachkriegszeit hinein zur Aufgabe gemacht, gutes Design als Volksbildung zu vermitteln. Sein Ziel war die Durchsetzung der ästhetisch und moralisch "guten Form". Gezeigt wird unter anderem "Der schöne gedeckte Frühstückstisch" des Werkbundes, der Anregungen für gepflegte Bürgerlichkeit in den Morgenstunden gab.

 

Übrigens von dem Schweizer Künstler Antoine Zgraggen stammen drei Zerstörungsmaschinen, die hässliche Kunst vernichten können. Sie sollen in Hamburg allerdings nicht in Betrieb genommen werden. Außerdem haben sich Kieler Kunst-Studierende unter dem Motto "Name That Thing" in ihren Arbeiten mit Fragen der Geschmacksbildung künstlerisch auseinandergesetzt.

 

Museum für Kunst und Gewerbe

Di bis So 10 bis 18 Uhr, Do bis 21 Uhr.

Steintorplatz (S/U Hamburg Hbf)

 

 

Fotohinweis:

USB-Stick in Form eines Fingers, China, 2009, Kategorie: Konstruktionsattrappe oder Weithergeholte Phantasiegestaltung, Sammlung Werkbundarchiv – Museum der Dinge, Berlin, Foto: Armin Herrmann