Der Vertrag regelt vor allem den Religionsunterricht, die Anerkennung von drei islamischen Feiertagen, den Bau von Moscheen und die Trägerschaft von Kindertagesstätten. Verhandlungspartner des Senats waren die drei größten muslimischen Vereine: Schura (Rat der islamischen Gemeinschaften), DITIB (Türkisch-Islamische Union) und VIKZ (Verband der Islamischen Kulturzentren). Sie vertreten rund 90 Prozent der über 100.000 Hamburger Muslime. Vierter Partner ist die alevitische Gemeinschaft mit rund 30.000 Mitgliedern. Noch in diesem Herbst soll der Vertrag in der Bürgerschaft beraten und beschlossen werden.
Muslimische Lehrer einsetzen
Die Regelung über den Religionsunterricht ist laut Scholz in enger Abstimmung mit der evangelischen Nordkirche erfolgt. Der an staatlichen Schulen erteilte "Religionsunterricht für alle in evangelischer Verantwortung" (= Hamburger Modell) soll mit dem Ziel einer gleichberechtigten Beteiligung auch der islamischen und alevitischen Religionsgemeinschaften weiterentwickelt werden. Das bedeutet zum Beispiel, dass auch muslimische und alevitische Lehrer eingesetzt werden können. Dafür wurde eine fünfjährige Entwicklungsphase vereinbart.
Die Anerkennung der drei Feiertage bedeutet, dass Arbeitnehmer künftig das Recht haben, am Fastenbrechen oder am Opferfest Urlaub zu nehmen. Schüler dürfen dem Unterricht fern bleiben. Die muslimischen Feiertage werden damit dem Reformationstag, Fronleichnam oder dem Bußtag gleichgestellt.
Kein Status von Körperschaften
Der Vertrag verleiht den islamischen Religionsgemeinschaften nicht den Status von Körperschaften des öffentlichen Rechts. Daher gibt es auch ausdrücklich keine Regelungen über Kirchen- oder Kultussteuern sowie auch keine Regelungen über finanzielle Förderungen.
Zekeriya Altug von der Türkisch-Islamischen Union bezeichnete den Vertrag als einen "Wegweiser für die Zusammenarbeit in Zukunft und nicht nur in Hamburg". Es stelle ein "Novum in Deutschland" dar, dass Muslime als institutionelle Akteure vom Staat anerkannt werden. Daniel Abdin (Schura) sprach von einem "wichtigen Schritt hin zur institutionellen Anerkennung des Islam in Deutschland".
Aziz Alsandemir von der Alevitischen Gemeinde hoffte auf eine "Initialzündung für die Flächenbundesländer". Mit dem Vertrag hätten die Aleviten in Hamburg "Geschichte geschrieben", zumal ihnen eine solche Anerkennung durch den Staat in ihrem eigenen Herkunftsland Türkei bislang verwehrt werde.
Bereits im Oktober 2006 hatte der damalige Bürgermeister Ole von Beust (CDU) einen Staatsvertrag mit den Muslimen angeregt. Nach den Bürgerschaftswahlen 2008 wurden die Pläne vom CDU-GAL-Senat weiterverfolgt und 2011 vom SPD-Senat übernommen. Mit der evangelischen und katholischen Kirche bestehen Verträge seit 2005, mit der jüdischen Gemeinde seit 2007.