Grußbotschaft zu Weihnachten Propst Liebich: Der Mensch kann immer wieder neu anfangen

Das wichtigste ist dabei, natürlich, das Kind in der Krippe: es ist die Hauptperson. In diesem Kind kommt Gott vom Himmel auf die Erde und verbindet sich mit den Menschen. Aber wie jedes neugeborene Kind, so hat auch dieses eine Geschichte; es ist nicht aus Nichts entstanden - darin unterscheidet sich die Geburt des Kindes von der Erschaffung der Welt: das Jesuskind war nicht plötzlich da, sondern es wurde geboren. Wie jedes Kind hat es Eltern, und das heißt zunächst einmal: eine Mutter.

 

Maria also: ist sie nicht mindestens genauso wichtig wie das Kind in der Krippe? Die katholische Kirche hat diese Frage mit einem eindrucksvollen Ja beantwortet; hier ist die Mutter Gottes ein besonderer Gegenstand der Anbetung und religiösen Verehrung. Und das Wahre daran ist ja sicherlich dies, dass die Mutter der wichtigste Mensch im Leben eines Neugeborenen ist und auch später noch einen bestimmenden Einfluss ausübt.

 

Josef als Vorläufer der Neuen Väter

Die Mutter käme jedenfalls als heimliche Hauptperson eher in Betracht als der Vater: Josef steht, wie üblich, etwas im Hintergrund. Spätere theologische Dogmatiker haben sogar angefangen, an seiner biologischen Vaterschaft zu zweifeln, doch das kann er zum Glück noch nicht wissen, als er erschöpft und sorgenvoll im Stall von Bethlehem steht. Immerhin kann er als Vorläufer der so genannten Neuen Väter gelten: er war bei der Geburt dabei und wiegt auch schon mal selbst das Kind in den Schlaf.

 

Alle unterschiedlichen Perspektiven der Weihnachtsgeschichte weisen aber in dieselbe Richtung und machen erst zusammen diese Geschichte zu dem, was sie ist: Die Erinnerung daran, dass das Kind in der Krippe den Menschen ein für alle Mal erlöst hat von seiner Beschränkung auf sich selbst. Die Erinnerung daran, dass Gott menschlich ist – auch da, wo wir es auf den ersten Blick nicht sehen. Die Erinnerung daran, dass den Menschen die Fähigkeit – und die Erlaubnis – zum Neuanfang gegeben ist.

 

Wir werden nicht festgelegt

Seit der Geburt im Stall von Bethlehem dürfen wir uns darauf berufen, Anfänger im Leben zu sein und Anfänger zu bleiben. Wir werden nicht auf das festgelegt, was wir zustande bringen oder liegen lassen. Denn unser Leben ist offen für eine Vollendung, über die wir nicht selbst bestimmen.

 

Unverzichtbar für die Weihnachtsgeschichte sind aber schließlich auch die Engel und die Hirten – ohne sie wäre die Geburt des göttlichen Kindes auf den Stall von Bethlehem beschränkt geblieben: keiner hätte je davon erfahren. Deshalb sind an dieser Botschaft alle beteiligt, die in der Weihnachtsgeschichte vorkommen – ob als Hauptperson oder als vermeintliche Nebenfigur: alle haben daran Anteil, alle Jahre wieder.