Gastbeitrag Ostern - Das Fest der Auferstehung

So richtig glauben mag man das ja alles nicht. Da ist ein Mann gekreuzigt, gestorben und beerdigt worden. Und dann soll derselbe Mann drei Tage danach auferstanden sein, herumgelaufen und seinen engen und fernen Freunden erschienen sein. Wem kommen da keine Zweifel? Und die meisten Christen und Christinnen geraten ja auch tatsächlich ins Stottern, wenn sie das Ostergeschehen Menschen erklären wollen, die „religiös unmusikalisch“ sind. Und doch wird das Osterfest gefeiert, und auf der ganzen Welt gibt es vermutlich kaum einen anderen Feiertag, der solch tiefe Spuren hinterlässt.

 

Mit den Naturwissenschaften kommt man bei diesem Fest auch nicht weiter. Hier geht es vielmehr um ein Erleben, das beim näheren Hinsehen vielen Menschen gar nicht einmal so fremd ist.

 

Als meine Mutter nach nahezu vierjähriger Krebskrankheit gestorben war und zwei Tage später ein befreundeter Priester, der meine evangelische Mutter in den Tod begleitet hatte, bei uns war, meinte mein Vater irgendwann in diesem Gespräch unter Tränen: „Jetzt weiß ich endlich, was Auferstehung bedeutet.“

 

Als 17-jähriger hatte ich es zwar immer noch nicht verstanden, aber ich wurde neugierig. Heute und mit meinen inzwischen gesammelten Erfahrungen und Erlebnissen glaube ich zu wissen, was er meinte: Im Laufe des Sterbens war er so sehr auf den Erhalt des Lebens seiner Frau fixiert, dass er für nichts anderes den Blick frei hatte. Nachdem sie aber gestorben war und sie von ihm getrennt wurde, hat sich mein Vater für eine neue Begegnung öffnen können. Denn nun, in dem Gespräch mit dem Priester und seinen sechs Kindern, hat er seine Frau und die Mutter irgendwie neu entdeckt. Nicht mehr die sterbenskranke Frau, die er am Leben erhalten wollte, stand im Zentrum seines Denkens, sondern ihre Gedanken, ihre Weisheiten, ihre Liebe und vieles mehr, was gar nicht in Worte zu kleiden ist.

 

Es mag in manch frommen Ohren etwas sehr weltlich klingen, aber ich denke, die Jünger müssen ganz ähnlich empfunden haben: Jener Jesus von Nazareth, an den sie alle ihre Hoffnung auf ein besseres Leben geknüpft hatten, war tot. Am Kreuz gestorben, begraben und nicht mehr da! Aber nach einer gewissen Zeit erinnern sie sich an so vieles, was er zu seinen Lebzeiten gesagt hatt, z.B. beim letzten Abendmahl, als er das Brot zu seinem Leib und den Wein zu seinem Blut machte. Beim Mahl mit ihm hatten die Jünger diese Worte vermutlich nicht verstanden, aber jetzt nach seinem Tod haben sie ihren Meister in Brot und Wein als Lebendigen neu entdeckt. Sie haben verstanden, was er mit dem Bild vom Weizenkorn, das erst durch Sterben Frucht bringen kann, sagen wollte.

 

Wie immer man sich die Auferstehung Jesu vorstellt – Ostern ist das Fest des Lebens, jenseits von Scheitern und Tod. Ostern ist das Fest des Lebens, in dem Leiden nicht das letzte Wort hat. Ostern ist das Fest, in dem wir Jesu Gedanken und Weisheiten in unserem Leben entdecken. So ist Jesus Christus lebendig und mitten unter uns. Aber auch das: Ostern ist zudem Herausforderung – nämlich so zu denken und zu handeln, dass Verrat am Leben, Ungerechtigkeit oder Unfrieden, Hass und Gewalt keine Chance haben auf dieser Welt. Deswegen gehört auch der Friedensmarsch zu Ostern.

 

Dr. Friedrich Brandi-Hinnrichs ist Pastor in der Gemeinde Altona-Ost