Großer Bahnhof in St. Jacobi: Katharina Fegebank, Hamburgs Zweite Bürgermeisterin, hat die Ausstellung eröffnet, gemeinsam mit Pröpstin Isa Lübbers und Propst Thomas Drope. Bis zum 14. Mai ist ein Begleitprogramm mit Führungen, einem Vortrag und einer Predigtreihe geplant.
Dazu wird am 30. April auch Margot Käßman erwartet, die Reformationsbotschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland. Zum Auftakt an diesem Sonntag predigt Hauptpastorin und Pröpstin Astrid Kleist über Amanda Wichern, die Ehefrau von Johann Hinrich Wichern, der das Rauhe Haus gegründet hat.
Wir haben die Organisatorinnen gefragt:
Worum geht es in der Ausstellung, Frau Gerstner?
Erstmals werden in dieser konzentrierten Form Frauen des Nordens gezeigt, die in den vergangenen 500 Jahren in Kirche und Gesellschaft reformatorisch gewirkt haben. Sie waren nicht nur für die Diakonie wichtig, sondern auch als Theologinnen, Missionarinnen oder in der Politik. Rund 60 Biographien dokumentiert der Katalog "Frauen schreiben Reformationsgeschichte". Stellvertretend für sie alle und auch für die vielen namenlosen, vergessenen Frauen sind in der Ausstellung 20 leuchtende Vorbilder zu sehen. Wir möchten diesen Schatz ins Bewusstsein heben. Ohne die Frauen wäre Reformation nicht denkbar gewesen – und sie geht immer weiter.
Pastorin Uta Gerstner, Arbeitsstelle Frauen des Kirchenkreises Hamburg-Ost
Worauf zielt die Predigreihe ab, Frau Kleist?
Als Christinnen und Christen haben wir Anteil an vier sogenannten Ämtern Christi: dem priesterlichen, prophetischen und königlichen und diakonischen. Zu diesen besonderen Bestimmungen und Dimensionen christlichen Lebens haben wir Predigerinnen gesucht, von denen wir glauben, dass sie dazu besonderes zu sagen haben.
- So erhoffen wir uns von der Reformationsbotschafterin Margot Käßmann ein prophetisches Wort.
- Die Theologie-Professorin Dace Balode aus Riga wird sich mit der "priesterlichen" Dimension in ihrer Predigt auseinandersetzen. Der Hintergrund: Die lettische Synode hat im vergangenen Jahr entschieden, keine Frauen mehr zu ordinieren. Theologinnen können also nicht mehr als Pastorinnen wirken. Diese Entwicklung ist aus emanzipatorischer, aber auch reformatorischer Sicht höchst beunruhigend und verstörend.
- Bischöfin Fehrs wird über die königliche Dimension des Christseins für alle Getauften predigen.
- Und zum Auftakt an diesem Sonntag werden Diakonin Claudia Rackwitz-Busse und ich den Spuren von Amanda Wichern nachgehen. Sie war mit Johann Hinrich Wichern verheiratet, dem Gründer des Rauhen Hauses und der Inneren Mission. Gemeinsam waren sie Wegbereiter der Diakonie.
Astrid Kleist, Hauptpastorin an St. Jacobi und Pröpstin
Wer war Amanda Wichern, Frau Rackwitz-Busse?
Amanda Wichern war das, was man heute eine erfolgreiche Managerin eines Familienunternehmens nennt. Ihr Ehemann Johann Hinrich Wichern – für sie liebevoll „Heini“ – war als einer der Gründerväter der Diakonie sehr viel unterwegs. Die Korrespondenz der beiden zeigt, wie wichtig sie als Partnerin für ihn war.
Sie unterstützte und verwirklichte seine Ideen, etwa in der Verwaltung und der Hauswirtschaft. Sie sorgte dafür, dass in der damaligen Rettungsanstalt für verwahrloste Kinder in Hamburg-Horn alles reibungslos lief. „Nebenbei“ war sie Mutter von neun eigenen Kindern.
Amandas Beispiel zeigt, wie wichtig Frauen für die Reformation waren – auch wenn sie im Hintergrund wirkten. Ohne sie wäre das Rauhe Haus nicht was es heute ist: Ein modernes diakonische Sozialunternehmen mit 1.200 Mitarbeitenden an 100 Standorten in Hamburg und Schleswig Holstein.
Diakonin Claudia Rackwitz-Busse, Konviktsmeisterin der Bruder- und Schwesternschaft des Rauhen Hauses
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Anlässlich des Reformationsjubiläums machten sich viele engagierte Laien-Historikerinnen auf Spurensuche nach »ihren« Reformatorinnen. Sie haben allein aus dem norddeutschen Raum die Biografien von 60 reformatorisch tätigen Frauen zusammengetragen.
Diese förderten als Mäzeninnen das geistliche Leben, begründeten die diakonische Idee, wurden als Missionarinnen nach Indien gesandt, traten für Humanismus in Kriegszeiten ein, stritten für die Frauenordination, wurden erste Pastorinnen in Deutschland und weltweit, machten feministische Theologie populär und engagierten sich ehrenamtlich in politischen Kampagnen.
Die Wanderausstellung des Frauenwerks der Nordkirche zeigt einen Teil der Biografien. Sie versteht Reformation als einen Prozess, der bis in die Gegenwart reicht und öffnet daher den Blick für 500 Jahre reformatorische Frauen.
„…von gar nicht abschätzbarer Bedeutung“ – Frauen schreiben Reformationsgeschichte
Zeit: vom 23. April bis zum 14. Mai zu sehen, Montag bis Samstag 11-17 Uhr, Sonntag nach dem Gottesdienst bis 17 Uhr
Ort: Hauptkirche St. Jacobi, Steinstraße
Der Eintritt ist frei -
sind im Uhrzeigersinn
rechte Seite:
Amalie Sieveking (1794 – 1859) Wegbereiterin der modernen Sozialarbeit in Deutschland.
Dorothee Sölle (1929-2003) eine der weltweit bekanntesten feministischen Theologinnen, Ehrenprofessur an der Universität Hamburg.
Ada Ehmler (1925 – 2009) legte mit der Südafrika-Boykott-Kampagne der Evangelischen Kirche ab Ende der 1970er Jahren den Grundstein für eine neue politisch orientierte evangelische Frauenarbeit.
linke Seite: Uta Gerstner, Claudia Rackwitz-Busse, Astrid Kleist, Kirsten Fehrs, Margot Käßmann, Amanda Wichern.