Fast hätte eine Rodelbahn den Bau von St. Nikolai verhindert. Denn die Kirche sollte Ende der 1950er Jahre im Bolivarpark am Klosterstern in Hamburg-Harvestehude errichtet werden. Das hätte ein Fünftel der Parkfläche vernichtet. Zahlreiche Anwohner protestierten andauernd und heftig dagegen. Schließlich fand sich ein neues Baugrundstück dem kleinen Park gegenüber am Harvestehuder Weg - die Rodelbahn konnte bleiben und existiert immer noch.
Während die neue Gemeinde noch in einem Klinkerhaus ihre Gottesdienste feierte, schuf der Architekt Gerhard Langmaack zwischen 1960 und 1962 einen modernen Kirchenbau mit freistehendem Turm. Die Kirche wurde zur Nachfolgerin der alten Nikolai-Kirche in der Innenstadt, die beim Feuersturm im Juli 1942 nahezu völlig zerstört und aufgegeben wurde. Ihr markanter Turm ist seitdem das offizielle Mahnmal der Hansestadt Hamburg gegen Krieg und Gewalt.
Helmut Schmidt war prominenter Gast bei der Kirchweihe
Im September 1962 wurde St. Nikolai am Klosterstern feierlich eingeweiht. Prominentester Gast war der damalige Innensenator Helmut Schmidt (SPD), der sich bei der Sturmflut im Februar 1962 einen Namen gemacht hatte. Schmidt verkündete den Senatsbeschluss, die Kosten für den Neuguss der drei größten von insgesamt fünf Glocken zu übernehmen, die künftig im Turm erklingen sollten.
Nur zwei Jahre später folgte eine neue Ehre: Hans-Otto Wölber (1913-1989), seit 1956 Gründungs-Hauptpastor von St. Nikolai, wurde 1964 zum Bischof der damaligen Hamburgischen Landeskirche gewählt. Damit war die Hauptkirche am Klosterstern zugleich Bischofssitz.
Sie blieb es bis Pfingsten 1986, als Bischof Peter Krusche (1924-2000) seine Kanzel in den Michel verlegte. Krusche war 1983 Wölbers Nachfolger geworden, als Hamburger Bischof der damaligen Nordelbischen Kirche.
Wer jetzt zum Propst und Hauptpastor gewählt wird, findet ein reiches, buntes Gemeindeleben vor. Es gibt große Musik und zahlreiche Chöre, darunter auch den vielfach preisgekrönten Hamburger Knabenchor von St. Nikolai unter Leitung von Rosemarie Pritzkat.
Früh wurde eine Seniorenakademie gegründet, es gibt eine Kita und eine Grundschule St. Nikolai. Bei Vortragsabenden und Diskussionsforen stellen sich Experten aktuellen Problemen. Seit 2003 steht direkt neben der Kirche ein dreistöckiges Gemeindehaus.
Die Gemeinde wächst gegen den Trend
1994 wurde vom damaligen Hauptpastor Ferdinand Ahuis (Amtsjahre 1993-2007) auch die mittelalterliche Tradition der Kinderbischöfe wiederbelebt. Seitdem kümmern sie sich alle Jahre zwischen Nikolaus und Dreikönigstag um die Anliegen der Kinder in der Stadt.
Während anderswo schrumpfende Mitgliederzahlen zu Fusionen zwingen, hält die Gemeinde am Klosterstern ihre Schäfchen zusammen. 4.620 Mitglieder sind es laut der jüngsten Statistik (2014), die Wohnbevölkerung wird auf 8.107 beziffert.
Der Stadtteil habe in den vergangenen Jahren rund 13 Prozent seiner Einwohner verloren, die Kirchengemeinde sei dagegen "mehr als stabil geblieben", sagt Pastor Michael Watzlawik, derzeit Vorsitzender des Kirchengemeinderats.
Zwei Theologen stehen zur Wahl
Gewählt wird der neue Hauptpastor und Propst für St. Nikolai aber nicht von der Gemeinde, sondern von der Synode des Kirchenkreises Hamburg-Ost. Gesucht wird ein Nachfolger für Johann Hinrich Claussen (51), der Anfang Februar neuer Kulturbeauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) wurde.
Zur Wahl stehen zwei promovierte Theologen: Christoph Schroeder (51) ist seit 16 Jahren Pastor in der Kirchengemeinde Großhansdorf-Schmalenbeck (bei Hamburg), Martin Vetter (51) ist Rektor des Pastoralkollegs der Nordkirche in Ratzeburg. Der Hauptpastor von St. Nikolai ist zugleich Propst im Kirchenkreis Hamburg-Ost für die Region Alster-West.