Podiumsdiskussion Mission und Kolonialismus - provozierende Erinnerung?

In Hamburg beginnt wie auch in anderen Städten eine Diskussion darüber, wie man mit den vermeintlichen Helden aus der Kolonialgeschichte und ihren Denkmälern und Straßennamen umgehen soll.*) Viele Denkmäler kamen in der NS-Zeit dazu. Welche menschenverachtenden Geschichten sich aber genau hinter den vermeintlichen Helden aus der Kolonialzeit verbergen, ist oft nicht bekannt. Daher plädiert der Bischof dafür, die entsprechenden Namen zu markieren und einen Kommentar hinzuzufügen. „Wenn die Schilder und Denkmäler verschwinden, ist auch die Geschichte weg, daher sollten die Denkmäler besser kommentiert werden“, sagte er. Allerdings könne man „noch viel kreativer sein“ als bisher.

 

Auch wenn die Kolonialzeit zu Ende sei, begegnet man in Gesprächen heute noch Gedanken von Überlegenheit und Unterlegenheit, beklagt der Bischof. Und auch heute gäbe es auf dem afrikanischen Kontinent wieder eine Form der Ausbeutung, die ganz ähnlich der aus der Kolonialzeit sei. Was die großen internationalen Konzerne dort erwirtschafteten, daran hätte die Bevölkerung im Wesentlichen nicht teil.

 

Beeindruckt von der Hamburger Ausstellung zeigte sich auch der tansanische Bischof Alex Malasusa aus Dar es Saalam. Auch in seiner Heimat in Tansania gebe es viele Denkmäler von Personen aus der Kolonialherrschaft – auch hier gebe es Nachholbedarf aus der Vergangenheit zu lernen. Wirtschaftlich verändert habe sich nur wenig – zwar sei sein Land reich an Edelmetallen, aber von den Erlösen profitiere nicht die Bevölkerung und über den Kaffeepreis entscheiden andere. So herrsche weiterhin Armut vor, deshalb flüchten viele Menschen aus dem Land.

 

Unzufrieden äußerten sich Besucher auf der Diskussionsveranstaltung über die Rolle der Kirche in den Aufarbeitungsprozessen. Moderator Klaus Schäfer, Direktor des Zentrum für Mission und Ökumene und Bischof Ulrich verwiesen auf einzelne Begegnungen in ökumenischen Gottesdiensten oder Konferenzen im In- und Ausland, wo sich kirchliche Vertreter für die Ungerechtigkeiten von damals entschuldigten. „Wir suchen nach Formen der Anerkennung und Entschuldigung vorwiegend im Austausch mit Partnergruppen aus Afrika“, sagte Ulrich. Auch mit Tansania gebe es da einen regen Austausch. (Die tansanische Stadt Dar es Salaam ist Hamburgs Partnerstadt.) Das sei kein einmaliger abschließbarer Prozess, sondern ein fortlaufender. Wie sehr sich das Bewusstein in der Partnergemeinde inzwischen verändert hat, zeige das Beispiel einer tansanischen Gemeinde (Kirchenkreis Dodoma), die bereits für die Hamburger Brüder und Schwestern Kollekten gesammelt habe. Die Delegation aus Tansania hatte von ihrer Kollekte dann Bäume in Hamburg gepflanzt.

 

Veranstalter der Podiumsdiskussion:

Ev. Akademie der Nordkirche und das Zentrum für Mission und Ökumene der Nordkirche

 

Weitere Veranstaltungen aus der Reihe:

 

Mo, 9. Sept. 2013, 19.30 Uhr

Für Kaiser und Reich gestorben in China und Afrika?

Kolonialkriege und Erinnerungskultur am Beispiel der Gedenktafel im Michel

Ort: Hauptkirche St.Michaelis

 

Mi, 11. Sept. 2013, 19.30 Uhr

Evangelische Mission und deutsche Kolonialpolitik

"...hat vor allem den Kaufleuten das eingeborene Personal gestellt und ausgebildet...“

Ort: Kunsthaus Hamburg

 

Ausstellung freedom roads!

Koloniale Straßennamen – postkoloniale Erinnerungskultur

Bis 22. Sept im Kunsthaus Hamburg

Klosterwall 15

(S/U Hauptbahnhof)

  • In Hamburg-Wandsbek hat im vergangenen Jahr eine Bezirksversammlung beschlossen, Straßennamen mit Persönlichkeiten aus der Kolonialzeit wie Hermann Wissmann und Hans Dominik zu tilgen.