Interview Migration - Die großen Herausforderungen liegen in der Bildung

Welche Rolle spielen Migranten für Hamburg?

 

Hamburg ist das Bundesland mit dem höchsten Bevölkerungsanteil an Migranten. 463.000 oder 26,3% aller Einwohner haben einen Migrationshintergrund. Davon haben nur 47% die deutsche Staatsbürgerschaft, 53% sind also Ausländer. Allein die Ausländer machen 14,1% der Bevölkerung Hamburgs aus. Insbesondere zeigt sich aber die demografische Präsenz der Migranten in den jüngeren Altersklassen: Etwa 45% aller Kinder und Jugendlichen Hamburgs im Alter von 6 bis 18 Jahre haben laut Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes 2005 einen Migrationshintergrund.

Dies macht deutlich, wie wichtig die Integration der Migranten für beide Seiten ist. Die Zukunft Hamburgs hängt auch vom „Integrationsverhalten“ gegenüber dem zugewanderten Teil ab. Es geht darum, den jungen Menschen mit Migrationshintergrund die Teilhabe an Bildung, Beschäftigung und auf der politischen Ebene zu ermöglichen.

 

Wo sind positive Entwicklungen oder Integrationserfolge zu beobachten?

 

Diese Frage kann man nicht pauschal beantworten. Es gibt beträchtliche Unterschiede bezüglich der einzelnen Nationalitäten und Herkunftsländer sowie des Bildungsstandes und der ausgeübten Berufe der Migranten. Ganz allgemein kann man feststellen, dass auch wichtige Integrationsschritte gemacht wurden. So ist z. B. nach den Daten des Mikrozensus 2008 die Selbstständigenquote der Ausländer Hamburgs mit etwa 17% höher als die der Einheimischen (etwa 14%). Vom letzten konjunkturellen Aufschwung zwischen 2006 und 2008 haben Migranten überproportional profitiert: So wuchs die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ausländer um 4,8%, während die entsprechende Zahl bei den Deutschen nur um 3,3% wuchs. Dies belegt darüber hinaus, dass die Erwerbsbeteiligung der Migranten vom Zustand des Arbeitsmarktes und nicht von einem angeblich starken oder schwachen Integrationswillen seitens der Migranten abhängt. Auch im Bildungsbereich gibt es Erfolge: So ist die Abiturientenquote der Migrantenkinder in Hamburg im bundesweiten Vergleich eher positiv: 40% der 20-39jährigen Migranten haben Hochschulreife; 28% der 16-20jährigen Personen mit Migrationshintergrund besuchen eine gymnasiale Oberstufe, bei den Einheimischen beträgt diese Quote 35%.

 

Wo liegen die wichtigsten Probleme?

 

Es gibt immer noch keine Angleichungstendenz bei wichtigen Indikatoren. So war im Jahresdurchschnitt 2009 die Arbeitslosenquote der Ausländer mit 17,5% doppelt so hoch wie die der Deutschen (7,4%). Auch die Quote der Abhängigkeit von öffentlichen Hilfeleistungen ist doppelt so hoch: So bekamen 2008 etwa 21% der Ausländer Leistungen im Rahmen des SGB II, d. h. Arbeitslosengeld II und Sozialgeld („Hartz IV“) gegenüber ca. 10% der Deutschen. Die Armutsrisikoquote für Menschen mit Migrationshintergrund in Hamburg ist drei Mal höher als für Menschen ohne Migrationshintergrund, ein Wert, der bundesweit zu den höchsten gehört (Mikrozensus 2005). Auch im prekären Beschäftigungssegment des Hamburger Arbeitsmarktes sind die Zuwanderer überproportional vertreten: Nach den neuesten Daten des Mikrozensus für Hamburg arbeiteten im Jahr 2008 rund 32% der lohnabhängigen Ausländer Hamburgs im flexibilisierten und niedrig entlohnten Bereich, während nur 19,5% aller lohnabhängigen Deutschen hier tätig waren.

 

Wie sieht es in der Bildung aus?

 

Es sind insbesondere die großen Defizite in der Bildungssituation, die auf die Integration der Migranten in der Zukunft negativ wirken werden: So verließen in Hamburg im Schuljahr 2006/2007 etwa 18% der ausländischen Schüler ohne jeglichen Abschluss die Schule. 33% schafften nur einen Hauptschulabschluss. Weiter verschärft hat sich der ohnehin negative Trend bei der Beteiligung der Migranten an der beruflichen Bildung: Der Anteil der jugendlichen Ausländer an den Auszubildenden einer dualen Ausbildung lag im Jahr 2006 bei 6,3%, weit unter ihrem Anteil an allen Schulabgängern Hamburgs, der 18,6% betrug.

Diese Defizite zeigen in welchen Bereichen sich die integrationspolitischen Anstrengungen in Hamburg fokussieren müssen und wo institutionelle Veränderungen erforderlich sind.

 

Interview: Mechthild Klein (www.kirche-hamburg.de)