"Mein Advent ist alles andere als besinnlich. Für den Pastor einer Citykirche ist es die Zeit höchster Arbeitsdichte. St. Petri, umspült vom Weihnachtsmarkt, hat sich ganz eingestellt auf Besucher - an den Adventswochenenden sind es täglich bis zu 8000 Menschen.
Schon beim Aufbau der Buden vor dem ersten Advent ausführliche Begrüßung mit dem Kinderkarussell-Betreiber, den Leuten vom Glühwein- und Wurststand, der Gewürzbude. Für die nächsten Wochen tägliches Begrüßen und Abfragen: Was macht das Wetter? Prognosen stellen. Vergleiche mit dem letzten Jahr. Kommen die Leute und kaufen sie?
Schausteller haben keine Sicherheit. Ein risikofreudiges Gewerbe, abhängig von Wind und Wetter und der Laune der Leute. Man muss Menschen mögen, wenn man erfolgreich sein will. Auch als Pastor. Wir fischen im selben Teich. Sie draußen, ich drinnen.
Drinnen der „umgedrehte Lichterbaum“, er steht auf seinen Ästen. Auf seinem Stamm werden bis Heiligabend wieder an die 20.000 Kerzen angezündet worden sein. Dieser Baum ist der eigentliche Star der letzten Jahre. Die Wachsschicht wächst von Tag zu Tag. Da draußen überall blinkende LEDs, aber hier so viel echtes offenes Feuer. Die Brandwache hütet mehr als 200 gleichzeitig brennende Kerzen.
Ich mag den Advent. Manchmal frage ich mich: Bedeutet er mir sogar mehr als Weihnachten? Weihnachten kann die vielen Erwartungen gar nicht erfüllen. Vielleicht ist es mit dem Leben ebenso: Es verspricht mehr, als es einlösen kann. Ich empfinde die Zeit vor dem Urlaub auch erhebender als den Urlaub selbst…Vorfreude ist oft die schönste. Vielleicht ist es deshalb für mich so wichtig „adventlich“ zu leben."
Die Reihe "Sehnsucht nach dem anderen Advent" läuft bis 23. Dezember, sonntags bis freitags von 17.15 bis 17.45, mittwochs als Stunde der Kirchenmusik und sonnabends von 15 bis 15.30 Uhr.