Dorthin sollten Asylbewerber gebracht werden, die nicht bereit seien, freiwillig auszureisen, erklärten die Fraktionsvorsitzenden Andreas Dressel (SPD) und Anjes Tjarks (Grüne) am Mittwoch in Hamburg. Dies werde "konsequent, rechtsstaatlich und humanitär vertretbar" geschehen.
Grundlage ist das neue Asylgesetz. Das sieht in Paragraf 62b vor, dass die Bundesländer Abschiebungseinrichtungen schaffen können. Dort können Personen bis zu vier Tage ohne vorherigen richterlichen Beschluss oder ein Verfahren festgehalten und anschließend abgeschoben werden. Auch auf die Ankündigung von Abschiebungsterminen kann verzichtet werden.
"Verniedlichender Sprachgebrauch"
Dietlind Jochims, Flüchtlingspastorin der Nordkirche, nannte die Erklärung der Fraktionschefs "irritierend" und kritisierte insbesondere den "verniedlichenden Sprachgebrauch". Wenn von "humanitären Rückführungen" und von "kleinen Ausreisegewahrsamseinrichtungen" die Rede sei, heiße das im Klartext "Abschiebung und Abschiebehaft", sagte Jochims.
Bereit jetzt gebe es Berichte von überraschenden, auch nächtlichen Abschiebungen aus dem Gebiet der Nordkirche, bei denen keine Zeit mehr bleibe zum Packen, zum Benachrichtigen von Freunden oder zur Rücksprache mit dem Anwalt, sagte die Pastorin. Diese Praxis betreffe auch Menschen, die jahrelang in Deutschland lebten und gut integriert seien. Das sei genauso wenig humanitär vertretbar wie die Inhaftierung von Menschen, die keine Straftat begangen haben.
Diakonie fordert unabhängigen Beistand am Flughafen
Auch das Diakonische Werk in Hamburg kritisierte derartige Einrichtungen zur Abschiebung am Hamburger Flughafen. "Wir halten das für europa- und verfassungsrechtlich bedenklich", sagte Vorstandsmitglied Gabi Brasch am Mittwoch. Bisher habe genau geprüft werden müssen, ob Menschen inhaftiert werden dürfen, wenn sie Deutschland verlassen sollen.
Diese rechtsstaatliche Prüfung werde durch die jüngsten Verschärfungen des Asylrechts "massiv aufgeweicht", sagte Brasch. Verschärft werde die Situation noch dadurch, dass der Hamburger Senat noch immer nicht - wie im Koalitionsvertrag zugesagt - das unabhängige Abschiebemonitoring am Flughafen wieder ermöglicht habe.
"Zusage bislang nicht umgesetzt"
Nach Diakonieangaben gab es bis Mai 2015 am Hamburger Flughafen ein von der Nordkirche finanziertes Abschiebemonitoring. Als unabhängige Person achtete eine Sozialarbeiterin darauf, dass Abschiebungen nach rechtsstaatlichen Grundsätzen durchgeführt wurden und vermittelte bei Konflikten.
Dieses von der Diakonie betriebene Abschiebemonitoring wurde ausgesetzt, da zunächst keine Einigung über eine Beteiligung an der Finanzierung mit der Stadt Hamburg erreicht werden konnte. Im Koalitionsvertrag sei von der neuen Regierung zugesagt worden, sich für eine Finanzierung einzusetzen. Diese Zusage sei bis heute nicht umgesetzt worden, beklagt das Diakonische Werk.
Nach Angaben der Fraktionen sind im Oktober 346 Menschen aus Hamburg freiwillig ausgereist, 76 mussten abgeschoben werden. Im November gab es 289 freiwillige Ausreisen und 195 Abschiebungen.