Pastoren predigten in Ost statt West Kanzeltausch - Gewaltloser Einsatz gegen totalitäre Ideologien

Auch gegen wirtschaftliche Entwicklungen, die Gewinne nur auf Kosten anderer suchten, müssten Christen ihre Stimme erheben. Dies sei jedoch nur möglich, wenn sie selbst auf einem "festen Wertefundament" stehen: "Zur Weitergabe des Glaubens gehört oft so etwas wie Zivilcourage, aber auch eigene Glaubensüberzeugung", sagte Jepsen.

 

Bischof Gerhard Ulrich, Vorsitzender der nordelbischen Kirchenleitung, erinnerte in seiner Gastpredigt in der Rostocker Universitätskirche am Sonntagabend an die "zentrale und führende Rolle" der Kirchen bei der friedlichen Revolution 1989. "Kirche ist immer politische Kirche, das Evangelium ist immer ein in die Öffentlichkeit gerichtetes Wort." Auch laut Ulrich ist der Erfolg der Gewaltlosigkeit eine zentrale Erfahrung der Ereignisse vor 20 Jahren: "Die Gewalt des Schwertes hat keine Chance gegen die Kraft des Wortes."

 

In den 80er Jahren hätte es in beiden deutschen Staaten eine Friedensbewegung gegeben, sagte Bischof Ulrich. Die Vision "Schwerter zu Pflugscharen" habe beide geeint. Die engagierten Christen im Westen hätten dabei aber vergleichsweise sicher gelebt: "Sie in der DDR waren es, die diese Vision noch ganz anders durchzufechten hatten als wir", sagte Ulrich in Rostock.

 

Die Bischöfe hatten am sogenannten "Kanzeltausch" zwischen Nordelbischer, Mecklenburger und Pommerscher Kirche teilgenommen. Dabei predigten Pastoren aus dem "Westen" in Mecklenburg-Vorpommern und dortige Pastoren in Hamburg und Schleswig-Holstein. Insgesamt beteiligten sich an der Aktion am 8. November mehr als 50 Gemeinden. Darunter die Bönningstedter Pastorin Sabine Denecke, die mit einer kleinen Delegation aus ihrer Kirchengemeinde zum Gottesdienst ins mecklenburgische Crivitz fuhr. Am Abend ist dann im Gegenzug eine Gruppe aus Crivitz zusammen mit dem dortigen Pastor Martin Krämer zum Abendgottesdienst nach Bönningstedt gekommen, um dort zu predigen. Seit 1991 besteht eine kommunale Partnerschaft zwischen den Städten, so dass es sich anbot, diese Partnerschaft auch auf kirchlichem Wege zu beschreiten, sagte Denecke. Beide Gottesdienste seien gut besucht gewesen und "so konnte ein lebendiges Zeichen der Gemeinschaft gesetzt werden".

 

Am Montag (9. November) wollen evangelische und katholische Bischöfe aus Ost und West in ökumenischen Gottesdiensten in Zarrentin (Mecklenburg) sowie in Lübeck-Schlutup der friedlichen Revolution in der DDR vor 20 Jahren gedenken.