Umfrage Kann man beten lernen?

Ob gefaltet oder geöffnet - es kommt beim Beten eher auf die innere als die äußere Haltung an

Mehr als jeder Zweite in Deutschland betet, 19 Prozent der Menschen sogar regelmäßig. 42 Prozent jedoch nie, wie eine repräsentative Emnid-Umfrage ergeben hat.  Kann man beten lernen? Die Apostelkirche Harburg bietet an diesem Wochenende einen Kurs für Nicht-Beter an. Wir haben Menschen gefragt, warum und wie sie beten – und was sie davon abhält.


"Beten bedeutet Kommunikation"

Meine Mutter ist Buddhistin, mein Vater Wissenschaftler. Zum Glauben wie auch zum Beten habe ich immer eine starke Beziehung gehabt, auch der evangelische Unterricht in der Schule hat mir sehr viel Freude gemacht. Jeder Glaube bietet einen großen persönlichen Schutzraum, denn man kann vertrauen. Darauf, dass alles im übergeordneten Raum Sinn macht und seine Richtigkeit hat, auch wenn man es im Moment nicht versteht. Beten bedeutet Kommunikation, nicht zuletzt mit sich selber, Beten ist Energie, Beten nimmt die Verzweiflung weil man sich etwas oder jemandem "anvertrauen" kann. Allerdings enthebt einen nichts und niemand von der Verantwortung für das eigene Denken und Handeln. Gott richtet nicht alles.

Anna Schudt, 41, Schauspielerin, u.a. „Tatortreiniger“


"Ich bitte darum, dass sich etwas fügen möge"

Ich würde mich als ziemlich gottlosen, alten Sack bezeichnen. Allerdings habe ich eine große Achtung vor dem gesamten Kosmos mit all seinen faszinierenden Zusammenhängen. Und es ist für mich schwer vorstellbar, dass all das reiner Zufall ist. Vielleicht hat da doch irgendeine göttliche Natur die Hände mit im Spiel gehabt. Wenn Sie unter Beten ‚Hände falten und eine göttliche Figur ansprechen’ verstehen, dann bete ich nicht. Eine Bitte an das Schicksal schicken, dass sich etwas fügen möchte, was ich mir wünsche – das schon.
Volkmar Grünkorn, 54, Inhaber „Getriebedienst Altona“


"Ich bete, wenn ich mit meinem Latein am Ende bin"

Als ich klein war, kam meine Mutter vorm Schlafengehen zu mir ans Bett, faltete ihre Hände über meine, und sprach mit mir zusammen: ‚Lieber Gott – mach mich fromm. Dass ich in den Himmel komm!’. Später konnte ich das Gebet alleine aufsagen oder variierte zu einem schwererem. Und meine Mutter lächelte mir still zu, gab mir einen Kuss und schaltete das Licht aus. Und ja – ich bete noch heute. Allerdings nicht mehr unbedingt kurz vorm Einschlafen. Ich bete zu Gott, wenn es mir schlecht geht, aufgeregt bin oder einfach nicht mehr weiter weiß. Ich bete, wenn ich vor Sorgen um meine Lieben umkomme und wenn ich nur noch auf Hilfe von ganz oben hoffen kann, weil ich selbst am Ende meines Lateins bin. Ich bete manchmal auch, dass es den geliebten Menschen im Himmel hoffentlich besser geht als auf der Erde. Die Vorstellung, dass sie im Himmel gemeinsam lachen und feiern, ist zwar kitschig und kindlich, aber tröstlich. Genau wie beten.“
Gitta Schröder, 49, freie Autorin und Journalistin aus St. Pauli


Der Kurs: Beten für Nichtbeter

Beten gelte bei vielen Christen als "fromme Pflicht" und werde oft als langweilig und mühevoll erlebt, sagte Pastor Klaus Douglass. Der Theologe aus Frankfurt am Main will an diesem Wochenende in der Apostelkirche in Harburg neue Formen des Betens vermitteln.

Zeit: Freitag, 19. Juni, 19.30 Uhr "Wie Beten Spaß machen kann" und Sonnabend, 20. Juni, 19.30 Uhr „Die Leidenschaft des Betens“
Ort: Apostelkirche in Harburg, Hainholzweg 52
Der Eintritt ist frei