Statt wie andere Landeskirchen in Projekte in der Lutherstadt Wittenberg zu investieren, hat sich die erst fünf Jahre alte Nordkirche diese Schiffstour zum Reformationsjubiläum 2017 gegönnt – das schafft auch lutherische Identität.
Vom 29. Juni an umrundet die rund 60 Meter lange und 7 Meter breite Artemis die Küsten und erreicht über den Wasserweg jeden der 13 Kirchenkreise. „Das ist einzigartig in Deutschland“, sagt Initiator Peter Schulze. Er ist erfahren in diesem Format: Bereits 1997 organisierte er zum 20jährigen Bestehen der damaligen Nordelbischen Kirche eine Schiffstour.
Heute geht es von Lübeck nach Neustadt. 22 Seemeilen, 41 Kilometer. Eine Distanz, die entspannt in einem Tag zu schaffen ist. Um kurz nach zehn dröhnt die Schiffshupe, dann schiebt sich die Artemis auf der Untertrave gen Lübecker Bucht.
Passagiere helfen mit
70 Gäste sind an Bord: Ehrenamtliche aus dem Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg, Hauptamtliche aus verschiedenen Arbeitsbereichen der Nordkirche. Aus einem weißen Sack ziehen sie Kärtchen mit Nummern, für die Aufgaben an Bord: Einige werden spülen, andere Andacht halten oder ihre Gedanken zum Bibelwort des Tages ins Logbuch schreiben.
Vor der Brücke sieht ein übergroßer Playmo-Luther auf die Gäste. Ja, um ihn geht es – auch wenn er nie im Norden war, nie auf der Ostsee segelte und erst recht nicht das Platt der Einheimischen verstand. Dafür schickte er seinen Freund Johannes Bugenhagen um die Reformation in der Region zu verbreiten, 1528 auch nach Hamburg.
Die Artemis hat den Lübecker Hafen hinter sich gelassen. Pappeln säumen die Ufer, Felder und Weiden leuchten hellgrün. Wellen schwappen an goldenen Sand.
Aus der Kombüse duftet es nach Zwiebeln, Schiffskoch Piet brät Gulasch an. Um einen Tisch sitzen fünf Frauen und knobeln über der Mittagsandacht. Wer spricht die Fürbitten, wer den Segen? Sie tauschen sich aus: über ihre Aufgaben in der Kirche, das, was sie sich für ihr Leben wünschen.
Andere Gäste sitzen einfach da und schauen – in den blauen Himmel unter dem die bunten Hafenhäuschen von Travemünde vorbeiziehen und Urlauber im Meer baden.
500+ – das Reformationslogo der Nordkirche
Wenig später heißt es, sich in die Seile hängen: Die Gäste spannen die Segel, auch das mit der „500+“, dem Logo des Reformationsjubiläums.
Das Schiff ist ein altes biblisches Symbol für die Kirche. Auch sie segle mal in ruhigen Gewässern, und sei dann wieder stürmischen Zeiten ausgesetzt, hat der pommersche Bischof Hans-Jürgen Abromeit zum Auftakt der Tour gesagt.
An Bord legt jeder Hand an, Laien halten die Andachten – ganz in Luthers Sinne vom Priestertum aller Gläubigen. Auch die Sakramente werden gefeiert: In Flensburg wird an Bord getauft. In Glückstadt ist ein Abendmahl mit Heringen und Bier geplant.
Glockenläuten beim Anlegen
Um 16 Uhr springt der Motor wieder an. Die Glocke läutet zur Andacht. „Ich bin emotionsbeladen gekommen“, sagt Rainer aus dem Vorbereitungsteam. „Jetzt fühle ich mich leichter.“
Der Hafen von Neustadt kommt in Sicht. Die Hälfte der Gäste ist jetzt im Einsatz. Pfadfinder Jan Erik ist in den Bug geklettert und holt den Außenklüver ein. Andere ziehen auf Kommando die Großsegel hoch, klaren an Deck auf, legen die Fender als Puffer zum Anlegen bereit.
Als das Nordkirchenschiff einläuft, läuten die Glocken. Die Gäste gehen von Bord. Sie bedanken sich für die gemeinsame Zeit und die Begegnungen, die Erfahrung von Weite und die Möglichkeit, einfach da zu sein. Draußen ist ein Zelt aufgebaut, der Kirchenkreis lädt zum Fest. Gemeinde auf Zeit – und Erinnerungen die bleiben werden.
Mehr zur Aktion: www.nordkirchenschiff.de
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Zum Finale legt das Nordkirchenschiff in der Hafencity an. Am 29. Juli feiern die Hamburger das große Reformationsfest „Ahoi Martin“.
Weitere Informationen zum Reformationsfest: www.kirche-hamburg.de
Hintergründe zur Reformation in Hamburg: www.hamburger-reformation.de